In jüngster Zeit sieht man überall in Österreich ein Auto mit seltsamen Aufbauten. Eine 360-Grad-Kamera fotografiert Straßenzüge, Häuser, Pkw und Menschen. Auf Google Maps lassen sich die Fotos im so genannten "Street View" betrachten. Ein Einbruch in die Privatsphäre? So sehen es zumindest die Bewohner eines Dorfes in England – mit einer Menschenkette verhinderten sie, dass die Straßen ihres Heimatortes und ihre Häuser abgelichtet werden. US-Gerichte sind da anderer Meinung. Ein Paar aus Pittsburgh scheiterte mit seiner Klage gegen den Internet-Riesen. Die Richterin sah keinen Beweis dafür, dass Google mit einem Foto des Wohnhauses die Privatsphäre der beiden verletzt hätte.

Etliche Angebote.

Googles "Street View" ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Täglich nutzen Millionen von Menschen das Angebot der Internet-Suchmaschine, die schon längst mehr bietet als das Auffinden von Webseiten. Ausgestattet mit sieben Gigabyte Speicherplatz kann jeder seine E-Mails verwalten, Word-Dokumente, Tabellen und Präsentationen online erstellen. Auch die Termine lassen sich bei Google leicht verwalten. Per E-Mail und SMS wird man an Besprechungen und Meetings erinnert. Via YouTube kann man selbst gedrehte Videos ins Internet stellen und mit Picasa verwaltet man seine Fotos im Web – inklusive automatischer Gesichtserkennung. Google-News informiert über das Weltgeschehen. Komplett eingescannte Bücher gehören genauso zum Angebot des Internetriesen wie ein eigener Browser.

Freunde mit Karte verfolgen.

Auch vor der mobilen Welt macht der Internet-Gigant nicht halt. Der neueste Dienst von Google löst bei so manchen eine leichte Paranoia aus. Mittels Google Latitude lässt sich einfach die momentane Position einer Person bestimmen – bisher konnte nur die Polizei ähnliche Services verwenden. Der Dienst arbeitet mit einer Freunde-Liste – die Nutzer des Services können ihre Bekannten sofort orten. In Verbindung mit Google Maps wird deren Standort am Handy angezeigt. Das Programm funktioniert mit jedem internetfähigen Handy.

Gläserner Nutzer?

Aber warum macht das Google? Ein Blick in die Datenschutzbestimmungen offenbart die simple Antwort: um Geld zu verdienen. Egal ob registriert oder nicht, der Internet-Riese speichert alle Suchanfragen und erstellt ein Profil. Wer seine E-Mails, Termine, Fotos usw. mittels Google verwaltet, muss damit leben, dass Programme alles mitlesen und die Inhalte durchsuchen. Mittels der gesammelten Daten wird den Nutzern zielgerichtete Werbung angeboten. So erwirtschaftet der Konzern seine Umsätze. Im Bereich Internet-Werbung ist das Unternehmen marktbeherrschend. Möglichst viele Dienste sollen helfen diese Stellung zu behalten. Der Clou: Die Nutzer stimmen der Verwertung der Daten freiwillig zu – Angst vor Einbruch in die Privatsphäre haben die Wenigsten.

Zukunft.

Wer sich jetzt schon an Big Brother erinnert fühlt, sollte die neuesten Entwicklungen beobachten. Stichwort: Location Based Services – ortsbezogene Dienste. In Zukunft soll das mobile Netz das Leben der Menschen erheblich vereinfachen, zumindest wenn es nach den Visionen vieler Internet-Konzerne geht. Das Handy soll den Besitzer in Echtzeit vor Verkehrsstaus und Unfällen warnen. In fremden Städten wird man schnell zu den richtigen Restaurants und Geschäften geführt – schließlich sind alle Vorlieben und ein Einkaufsprofil der Nutzer gespeichert. Die Urlaubsfotos werden automatisch ins Internet geladen und dank Gesichtserkennung sofort katalogisiert. Der gläserne Mensch ist dabei, Realität zu werden. Von Wohnhaus bis Lieblingsessen und Haarfarbe – im Internet gibt es bald keine Geheimnisse mehr.