Man würde ihn so gerne in die Landpfarrer-Schublade zwängen, diesen Hans Spiegl. Weil: Was sonst als Klischees wäre hier zu erwarten, in Bischofshofen, einer 10.000-Einwohner-Alpenkleinstadt südlich von Salzburg, wo die tiefer gelegten Sportautos durch die Stadt wummern und Auswärtige im Cafe höflich, aber bestimmt aufgefordert werden, bitte den Stammtisch freizuhalten. Wegen dem vormittäglichen Rentner-Jour-fixe, eh schon wissen. Gut, das hätte man ahnen können.

Radio, selbst gebastelt. Da wär's interessant, ob die Bischofshofener ihrerseits ahnen, was in der verwinkelten Dachgeschoßwohnung des evangelischen Pfarrers spätabends so vor sich geht. - "So, da samma jetzt", kommentiert Hans Spiegl sein winziges, bis oben hin mit Büchern und Zettelwirtschaft voll geräumtes Büro, in dem der Apple-Computer und ein semiprofessionelles Mikro stehen. Von hier spricht der 45-Jährige in die, ach was: zur Welt. Über menschliche Begegnungen, über seinen Glauben, seine Fragen ans Leben. Und an Gott. Einen "Podcast" nennt das die Internet-Generation, auf Deutsch: eine selbst gebastelte Radiosendung, die im Web zu hören ist oder auf den MP3-Player aufgenommen werden kann.

Fleißiger Seelsorger. Fast jeden Abend setzt sich Spiegl hin und spricht zu seiner virtuellen Kirchengemeinde, pro Folge hat er hunderte Hörer in Österreich und Deutschland. Was ein sensationeller Wert ist, gemessen an der Neuheit des Mediums. Und in Österreich sind diese Missions-Methoden sowieso noch nie da gewesen.

Berufung. Eine Mission gibt's, unmissverständlich: "Es war immer schon meine Berufung, mit den Leuten in Dialog zu treten, die gar nix mit Kirche am Hut haben", erzählt der schlacksige 45-Jährige, während er an seinem Kaffee nippt. Ausgetretene, Ungetaufte, Skeptiker, da packt ihn der Eifer, "unter deren Oberfläche gärt es ja pausenlos". Und offenbar sind sie auch stets auf der Suche, denn auffallend oft sind es auch genau solche, die im Netz über den Pfarrer-Podcast stolpern und mit ihm in Kontakt treten. "Unglaublich, wie viel spirituelles Potenzial diese Leute haben", sagt Spiegl kopfschüttelnd und ein wenig ratlos: "Ich frag' mich immer: Wie muss sich die Kirche aufgeführt haben, dass so interessierte und nachdenkliche Leute sich von ihr abgewandt haben?"