Eine dreiste Frau hat vergangene Woche in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Die 52-Jährige ist in Rostock in ein Elektronikgeschäft gegangen – im Gepäck: ihr Laptop. Allerdings wollte sie weder ihr Gerät zur Reparatur bringen, noch ist sie ein Internet-Junkie. Seelenruhig hatte sie sich in der Musikabteilung eine CD geschnappt und im Geschäft damit begonnen, die Songs auf ihr Notebook zu kopieren.

Ein Kaufhausdetektiv wurde auf sie aufmerksam und verständigte die Polizei. Die Beamten nahmen sie mit auf die Wache und beschlagnahmten ihren Computer. Allerdings gibt es ein Problem: Rechtsexperten in Deutschland sind sich nicht einig, ob die Frau überhaupt ein Verbrechen begangen hat. Es könnte gut sein, dass die 52-Jährige ohne Strafe davon kommt.

In Österreich wäre der Fall ähnlich gelagert, erklärt Gunter Nitsche, Urheberrechtsexperte der Universität Graz im Interview:

In Deutschland hat eine Frau in einem Geschäft eine CD kopiert. Würde ihr in Österreich eine Strafe drohen?

Gunter Nitsche: Es gibt da zwei Ebenen: das Urheberrecht und das Eigentumsrecht. Urheberrechtlich wäre das eine erlaubte Kopie, wenn sie lediglich für private Zwecke gemacht wurde. Die CD liegt im Geschäft auf und kann dort probegehört werden, das wäre dann eine öffentliche Vorführung, die man aufzeichnen darf.

Aber ist das nicht Diebstahl?

Nitsche: Ein Diebstahl liegt nur vor, wenn es um eine konkrete Ware geht – bei geistigem Eigentum gibt es in dem Sinn keinen Diebstahl – hier greift das Urheberrecht. Dieses kommt aber in dem Fall nicht zur Anwendung, da dem Schöpfer des Werkes durch die Kopie im Geschäft kein Schaden entsteht. Anders ist das allerdings auf der Ebene des Eigentumsrechts. Die Kopie wäre eine unrechtmäßige Benutzung der CD, der Geschädigte ist in dem Fall das Geschäft, in dem die CD verkauft wird.

Wie kann man das verstehen?

Nitsche: Im Prinzip ist es so, als ob jemand bei Ihnen in die Wohnung einbricht und sich dort Kopien ihrer Musiksammlung zieht. Den Schaden hat nicht der Künstler, sondern Sie. Bei Ihnen wäre es Hausfriedensbruch – im Geschäft am ehesten Besitzstörung.

Hat das Geschäft irgendeine Handhabe?

Nitsche: Man kann der Person auf alle Fälle Hausverbot erteilen. Allerdings besteht auch ein Bereicherungsanspruch. Wird eine Sache zum eigenen Vorteil verwendet, gibt es einen Anspruch auf eine Ersatzleistung. Das Geschäft kann eine Entschädigung verlangen – zum Beispiel, dass die Frau die CD kauft.

Der Fall hat auch wieder die Diskussion um Raubkopien im Internet aufflammen lassen. Gibt es da inzwischen rechtliche Klarheit?

Nitsche: Im Prinzip ja. Es gibt einen Fall eines 16-jährigen Mädchens in Kufstein. Die junge Frau hat rund 1.700 Songs auf den PC ihres Vaters heruntergeladen – wohlgemerkt, ohne einen Upload von Dateien zu gestatten. Denn das ist eindeutig nur mit Lizenz des Urhebers gestattet. Der Vater hat dem Mädchen daraufhin den PC abgenommen, das Internet abgemeldet und die Dateien gelöscht. Der Oberste Gerichtshof hat daraufhin die Klage von einer Verwertungsgesellschaft abgewiesen.

Also darf man jetzt downloaden, solange man keine Lieder zum Upload anbietet?

Nitsche: Naja, die Sache ist die: Mit der Abweisung der Klage hat sich der OGH um die eigentliche Frage gedrückt. Denn im Gesetz steht, dass "einzelne“ Kopien für den privaten Gebrauch zulässig sind. Die Frage ist allerdings, was ist mit "einzeln“ gemeint. Bedeutet es ein, zwei oder drei Kopien eines jeden Songs oder, dass man insgesamt ein, zwei oder drei Kopien haben darf – also in Summe nur ein paar wenige.

Kann man die heimische Rechtslage kurz zusammenfassen?

Nitsche: Der Download von Songs oder Videos ist urheberrechtlich zulässig, solange es keinen gleichzeitigen Upload gibt. Im Eigentumsrecht kann es allerdings Probleme geben, wenn der Eigentümer der CD oder des Films damit Geld verdient.