Er selbst bestellte seinen Espresso extra stark, fügte ein Löffelchen braunen Rohrzucker hinzu, drehte den Löffel zweimal in der Tasse und stürzte den Kaffee schließlich hinunter, noch bevor sich der Zucker gänzlich aufgelöst hatte. Auf diese Weise begann Emilio Lavazza über Jahrzehnte seinen Arbeitstag. In dieser Woche ist er im Alter von 77 Jahren in Turin gestorben. In Italien galt er als "Papà del Caffè".

"Ein ganz Großer"

"Er war ein ganz Großer", sagt Barmann Filippo in einer Kaffeebar unweit des Vatikans in Rom. Er sagt das etwas knapp und hektisch, denn von links und rechts fliegen die Bestellungen - "zwei Cappuccini, zwei Caffè" - nur so durch den Raum. "Emilio Lavazza kennt jeder in Italien", sagt er und stellt dann zwei kleine und zwei große Tassen unter eine riesenhafte Maschine. Und schon läuft goldbraun jener Kaffee heraus, der für Emilio Lavazza das Leben war.

Es war 1971, als Emilio Lavazza an die Spitze von "Luigi Lavazza S.P.A" trat, zu einer Zeit also, als in Deutschland Espresso und Cappuccino noch exklusiv und exotisch waren und so mancher nach dem Italienurlaub das fremde Espressopulver einfach in die heimische Filtertüte füllte. In Italien dagegen vertrieb Lavazza zu diesem Zeitpunkt schon seit über 80 Jahren seine besonderen Kaffeemischungen, mit denen Firmengründer Luigi Lavazza seit 1894 seine italienischen Konkurrenten erfolgreich geärgert hatte.

Größer und global

Emilio Lavazza jedoch dachte größer und global: Unter seiner Führung wurde das Unternehmen zum Weltkonzern, eroberte erst Europa und dann die USA. 2008 zog er sich aus dem Unternehmen zurück, der letzte Jahresumsatz unter seiner Führung: 1,12 Milliarden Euro. "Emilio Lavazza gehörte zu Turin wie wenig sonst", meint Laura De Luca, die Stadtführungen in Turin organisiert und ihre Gruppen auch stets in die Via San Tommaso 10 führt. Es ist eine der ältesten Bars der Stadt, hier übergießen seit 1910 Baristi Lavazza-Kaffee mit Milchschaum oder versenken ihn darin.

Der langjährige Patriarch des Kaffeeherstellers gilt hier als bescheidener Mensch. Es heißt, er habe alle Mitarbeiter mit Namen gekannt. Donnerstagfrüh wird Emilio Lavazza in Turin beerdigt, Unternehmer und Politiker werden ebenso erwartet, wie eine große Anteilnahme der Bevölkerung. Tausende andere Italiener werden in diesem Moment wohl trotzdem ihren Kaffee in Nullkommanix herunterstürzen - aber auch das würde Emilio Lavazza bestimmt gefallen.