Italien ist in Europa das Land mit der größten Anzahl zertifizierter Bioproduzenten. Mit diesem starken Hang zu gesunden Nahrungsmitteln setzte ein Netz aus Großhändlern und Beamten staatlicher Prüfungsstellen jährlich 500 Millionen Euro um. Zehn Prozent der in Italien vertriebenen Bioprodukte waren nach den Erkenntnissen der Finanzpolizei in den vergangenen Jahren gefälscht.

Die Bande soll über mehrere Jahre mehr als 700.000 Tonnen angebliche Bioprodukte im Wert von insgesamt 220 Millionen Euro in mehrere europäische Länder verkauft haben, darunter könnte auch Österreich sein.

Etikettenschwindel

Die Grundbestandteile der Lebensmittel wurden nach Angaben der Ermittler über Tarnfirmen in Rumänien und Italien gekauft und würden eine 500 Kilometer lange Lkw-Kette von Verona, dem Zentrum des Skandals, bis nach Rom füllen.

Die Produkte seien dann aufgrund von gefälschter Dokumentation als "biologisch" deklariert und zu deutlich erhöhten Preisen über ein Großhändlernetz in Italien, wahrscheinlich auch in Österreich, Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Frankreich, Belgien, Ungarn und der Schweiz verkauft worden.

Die fünf Unternehmer stammen aus Verona, Pesaro, Urbino und Foggia. Unter den Festgenommenen sind den Angaben zufolge auch die Chefs der Lebensmittelkonzerne Sunny Land, Sona und Bioecoitalia sowie der Direktor der Zertifizierungsstelle der italienischen Region Marken. Die Polizei hatte schon seit längerer Zeit bei mehr als 30 Firmen ermittelt. Die Ermittlungen liefen laut italienischen Medien unter dem Titel "Der gestiefelte Kater".

"Ein beeindruckender Betrug", nannte die Finanzpolizei jetzt das vorläufige Ergebnis ihrer Ermittlungen. Die Gesundheit der Verbraucher der gefälschten Produkte sei nicht gefährdet, erklärten sie. Die fünf Firmeninhaber und ihre zwei Komplizen wurden unter dem Verdacht der Lebensmittelfälschung festgenommen. Ihnen droht eine Anklage wegen Betrug und Bildung einer kriminellen Vereinigung. "Das Problem mit Bioprodukten sind die vielen Zwischenschritte zwischen Anbau und Verbraucher", beklagt Stefano Masini vom Bauernverband Coldiretti. Die einzige Chance zum Schutz vor "Bio-Banditen", wie die italienische Presse den jetzt aufgeflogenen Betrügerring nennt, sieht er in einer Annäherung zwischen Produzenten und Konsumenten.

Der Biomarkt expandiert derweil trotz Krise in Italien. Innerhalb von zehn Jahren verdreifachte sich der Umsatz dieses Zweigs der Landwirtschaft auf drei Milliarden Euro. Knapp 50.000 italienische Landwirte bieten mittlerweile Bioprodukte an.