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Die Streaminghighlights 2020 von Susanne Rakowitz

ZeroZeroZero (Sky)
Der Stoff, der ist so schön blütenweiß, doch er bringt das Schwärzeste im Menschen hervor: "ZeroZeroZero" verqickt drei Schauplätze des globalen Drogenhandels miteinander und erzeugt einen Sog, bei dem man schwer wegschauen kann: exzessive Gewalt, Korruption, Unterdrückung und hohe Gewinnmargen. Die Protagonisten sind Täter und Opfer und Opfer, die zu Tätern werden. Ein Blick in den Abgrund, der von der Realität nicht weit entfernt sein dürfte. Und genau deshalb gruselt es einen. Eine packende Mischung aus Mafiathriller, Charakterstudien, Patriarchat-Terrorismus, Machtgeilheit und hin und wieder ein bisschen Mafiaklischee. Trailer

I May Destroy You (Sky)
Deadlines? Scheißegal! Die aufstrebende Schriftstellerin Arabelle lebt ihr Leben in vollen Zügen und wird brutal ausgebremst. Was als Besäufnis unter Bekannten beginnt, kristallisiert sich in Flashbacks sukzessive als Vergewaltigung heraus. Shootingstar Michaela Coel ist nicht nur die Hauptdarstellerin, sondern auch Drehbuchautorin und zum Teil Produzentin der Serie, die das Leben der Generation Z ungeschönt und intensiv, offenherzig und dramatisch zeigt. Und Arabella? Sie lässt sich nicht zum Opfer machen. Sie wird Fragen stellen und Dinge hinterfragen, denn eines ist klar: Die zerstörerische Kraft dieses Erlebnisses durchdringt alles. Eine Serie, die lange nachhallt. Trailer

Little Fires Everywhere (Amazon Prime)
Reese Witherspoon (Elena Richardson) hat die Rolle der erfolgreichen Allrounderin in Gold gegossen: Job top, Familie top, schöner Schein top. Da kann Kerry Washington als distanzierte Künstlerin, die sich mit ihrer Tochter in der kleinstädtischen Idylle niederlässt, nicht mithalten. Und ganz ehrlich: Das will sie auch gar nicht. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, passenderweise steht gleich zu Beginn der Serie die großmannssüchtige Hütte Elena Richardsons in Flammen. Die Serie erzählt Stück für Stück, wie es denn so weit gekommen ist. Wer vom Freund zum Feind wurde und wo Bruchlinien innerhalb von Familien nur provisorisch gekittet wurden. Früher oder später bricht eben jede entzündete Eiterbeule auf. Die Serienumsetzung des gleichnamigen Bestsellers von Celeste Ng ist ein spannendes Psychogramm, das von der Dynamik der beiden Hauptfiguren lebt. Trailer

Defending Jacob (Apple TV+)
Er schaut ja aus, als könnte er keiner Fliege was zuleide tun, aber was weiß man schon? In der Klasse des 14-jährigen Jacob wird ein Schüler ermordet und Jacob gerät ins Visier der Ermittler. Blöd nur, dass der Vater ermittelnder Staatsanwalt ist, aber eh nicht lange, dann wird er zum Einzelkämpfer, um die Unschuld seines Sohnes zu beweisen. Ach, wenn das so einfach wäre! Ein Indiz gegen ihn, ein Indiz für ihn, die sich einschleichenden, aber unausgesprochenen Zweifel der Eltern: War er es vielleicht doch? All das ist in Summe eine gelungene, gut verdichtete Crime-Story. Chris Evans, als Vater des Verdächtigen, bekommt endlich die Gelegenheit, sich aus seinem Captain-America-Kostüm zu schälen. Jaeden Martell ist in seiner Rolle als Jacob Barber umwerfend! Trailer

Queen Sono (Netflix)
Die erste südafrikanische Netflix-Produktion kann "Bond". Und wie: Eine schwierige Kindheit, die Mutter eine Freiheitskämpferin, die vor ihren Augen von einem Rassisten erschossen wird, und überhaupt geht die Agentin gerne mit dem Kopf durch die Wand. Immer schön nah am Abgrund, aber mit viel Witz. Die Musik ist top, die Hauptdarstellerin grundsympathisch. Nicht zu vergessen: Ihre Gegenspielerin ist eine russische Oligarchin, die Klartext spricht: „Ich habe sie so satt, diese arroganten, mittelmäßigen Männer“. Und sonst noch: Waffenhändler, korrupte Politiker und die Frage: "Quo vadis, Afrika?" Trailer

Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga (Netflix)
Lars (Will Ferrell) und der Song Contest, das ist eine Liebe fürs Leben, da hat daneben gerade noch Sigrit Ericksdottir (Rachel McAdams) Platz. Gemeinsam sind sie das Duo Fire Saga, das es unter eher ungewöhnlichen Umständen zum Song Contest schafft. Was in Summe folgt, ist: witzig, putzig, lächerlich, durchgeknallt, regenbogenfarben, schrill, dämlich, lachhaft, genial. Eine Song-Contest-RomCom mit einem Hauch Mamma Mia und einem Schuss "Nackte-Kanone"-Humor. Eine Handlungsanleitung zum erfüllten Leben: Glaub an dich, egal was die anderen sagen, sei nett zu anderen Menschen, mach Musik, und wenn dich der Wal abwirft, dann frag ihn ganz lieb, ob du wieder aufsteigen darfst. Regenbogen, Regenbogen. Trailer

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Die Streaminghighlights 2020 von Daniel Hadler

Tales from the Loop (Prime Video)
Am Anfang standen die futuristischen Zeichnungen des schwedischen Künstlers Simon Stålenhag, der mit Leidenschaft überdimensionale Roboter in Landschaftsaufnahmen einfügt. Amazon Prime machte aus dieser Vorlage eine Serie, die sich nicht mit der Unmöglichkeit aufhält und trotzdem nicht verliert. „Tales from the Loop“ ist zauberhaft im besten Sinne und Science-Fiction von einer faszinierenden Originalität. Trailer

The Mandalorian (Disney+)
Auch die zweite Staffel des Space-Westerns ist großes Kino für die Streamingwelt. Die Zuschauer begleiten den Kopfgeldjäger Mando (Pedro Pascal) bei seinem Versuch, Baby-Yoda an einen sicheren Ort zu bringen. Die spektakulären Effekte werden ergänzt durch einen würdigen Filmsound und Figuren, allen voran Mando, die mit der Wucht des „Star Wars“-Zaubers ausgestattet sind. Trailer

Unorthodox (Netflix)
Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich die deutsch-amerikanische Miniserie bewegt. Maria Schrader erzählt in dieser Romanverfilmung von zwei Gegenwelten, die sich an einem bitteren Ort der Geschichte treffen: dem Holocaust. Jahrzehnte später wächst die 19-jährige Esty in der archaischen jüdisch-orthodoxen Kultur in Williamsburg auf. Man erlebt ihren Willen zur Anpassung, der durch Überforderung gebrochen wird, und begleitet sie auf dem Weg zur Freiheit des liberalen Berlins. Die mit einem Regie-Emmy ausgezeichnete Serie ist ein Serien-Glücksfall. Trailer

Damengambit (Netflix)
Plötzlich spielte man wieder Schach. Oder genauer: Plötzlich spielte Frau Schach. Die Netflix-Miniserie über eine junge Frau, die im Waisenhaus erkennt, ein Schachgenie zu sein, bezauberte weltweit und löste, zumindest kurzfristig, einen regelrechten Schach-Hype aus. „Damengambit“ ist die kluge Zusammenführung des Einfachen und des Komplexen: Eine simple Geschichte wird verwoben mit historischen Schach-Bezügen, hohem Anspruch an Kostüme und Optik, einer idealen Besetzung und dem Esprit des Aufstiegs. Trailer

The Eddy (Netflix)
Manche der diesjährigen Höhepunkte blieben weitgehend unter dem Radar. In diese Kategorie fällt „The Eddy“, das musikalisch mitreißende Drama über den Jazzmusiker Elliot und seine Versuche, mit der Welt in Einklang und mit seinem Club in die Gewinnzone zu kommen. Ein stimmiges, langsam vorangetriebenes Erlebnis, in dem die Handlung um die Musik herum gebaut wird. Trailer

The Boys2 (Prime Video)
Der Blockbuster von Amazon Prime schaffte es auch auf Barack Obamas Liste der beliebtesten Serien im Jahr 2020. Die zweite Staffel ist wie der Vorgänger: rotzfrech, schräg und, wer es zwischen den durchaus brutalen Sequenzen erkennt, augenzwinkernd. „The Boys“ macht sich permanent über das Superhelden-Genre lustig und bedient es gleichzeitig. Ein Kunststück mit hohem Coolness-Faktor. Trailer­
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