Man kann es guten Rechts als ein Männerleiden bezeichnen: Mit einem Verhältnis von 9:1 sind Männer bei Weitem häufiger von einem Leistenbruch betroffen als Frauen. Schuld daran ist die Anatomie, wie Reinhard Mittermair, Leiter der Abteilung für Allgemeinchirurgie am Klinikum Klagenfurt, erklärt: „Der Leistenkanal ist beim Mann eine natürliche Schwachstelle.“ Und dort kommt es dann zum Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt.

Kann man einem Leistenbruch vorbeugen, durch Training zum Beispiel? „Leider nein“, sagt Mittermair. Diese Muskulatur sei leider nicht trainierbar, das Risiko, einen solchen Bruch zu bekommen, vor allem genetisch angelegt. Extremer Kraftsport könne sogar das Risiko erhöhen, erklärt Mittermair: „Wenn man etwas sehr Schweres hochhebt, steigt der Druck im Bauchraum extrem an, die Organe drücken an die Leiste, sodass es zu einem Bruch kommen kann.“ Und schon hat man sich „einen Bruch gehoben“.

Reinhard Mittermair, Klinikum Klagenfurt
Reinhard Mittermair, Klinikum Klagenfurt © Markus Traussnig

Muss ein Leistenbruch immer operiert werden? „Ein Leistenbruch beeinträchtigt die Lebensqualität“, sagt Mittermair. Gewebe wird eingezwickt, was zu ständigen Schmerzen führt. Aber nicht nur das: Es kann auch ein Stück Darm eingeklemmt werden, was eine absolute Notsituation ist. „Um das zu verhindern, werden Leistenbrüche immer operiert“, sagt Mittermair.

Welche Operationsverfahren gibt es? „Der Standard ist heute, dass ein Kunststoff-Netz eingesetzt wird, um den Bruch zu verschließen“, sagt Mittermair. Dieser Eingriff sollte mittels der sogenannten Knopflochchirurgie (Laparoskopie) durchgeführt werden, da es dafür nur einen bis drei kleine Schnitte braucht. „Dadurch hat der Patient weniger Verletzungen, weniger Schmerzen und ist schneller wieder fit“, sagt Mittermair. Die Operation über einen großen Schnitt an der Leiste werde nur noch bei Patienten gemacht, die keine Vollnarkose vertragen (z. B. wegen einer Herzschwäche) und mit einem Kreuzstich betäubt werden.

Seit Kurzem wird ein „Superkleber“ eingesetzt: Wie funktioniert das? „Leider kommt es bei einem Teil der Patienten zu Nervenverletzungen, wenn das Netz mit Tackern befestigt wird“, sagt Mittermair. Diese Tacker halten das Netz an der Bauchdecke, bis es mit dem Gewebe verwächst. Diese Befestigung könne zu Missempfindungen oder gar chronischen Schmerzen führen. „Um das zu verhindern, verwenden wir nun einen ,Superkleber'“, sagt Mittermair. Dieser Gewebekleber wird bereits seit den 1960er-Jahren verwendet: Vier Klebepunkte seien ausreichend, um das Netz zu befestigen. Zwar fehlen noch die Langzeitergebnisse, doch in einer europäischen Studie, an der das Klinikum Klagenfurt und das LKH Hochsteiermark teilnahmen, gab es gute Ergebnisse mit dieser Methode.