Aller Anfang ist schwer. Wie und wann kam Ihnen die Idee für das Portal?
Beatrix Altendorfer: 2015/16 wurde mein Wunsch, mehr zu tun, als nur selbst nachhaltig zu leben, immer größer. Gleichzeitig bemerkte ich, dass viele über die bereits bestehenden nachhaltigen Möglichkeiten in Graz noch viel zu wenig Bescheid wissen bzw. geschah mir auch die Bewusstseinsbildung zu wenig attraktiv und zu wenig begeisternd. Diese Lücke wollte ich schließen und habe zunächst mit einer Facebook-Gruppe ­begonnen, bis Anfang 2017
www.nachhaltig-in-graz.at gestartet ist.

Verfolgen Sie selbst schon immer einen nachhaltigen Lebensstil, sind Sie damit aufgewachsen?
Da ich eher in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen bin, wurde Nachhaltigkeit sicherlich vorgelebt. Vor allem meine Großmutter war mir ein großes Vorbild. Wenig konsumieren, dabei aber auf gute Qualität achten, alles gut pflegen und reparieren, damit es möglichst lange hält, vorbildlichste Mülltrennung, Kochen mit regionalen und den besten Zutaten frisch und quasi unverpackt vom Markt gekauft, keine Reisen, kein Auto. Was für ein ökologischer Fußabdruck! Aber natürlich haben mich auch die Umweltkatastrophen in meiner Jugend (Tschernobyl, Ozonloch, saurer Regen) beeinflusst.

Auf Ihrer Seite sind viele verschiedene Kategorien/Initiativen zu finden. Welche davon würden Sie als Ihre liebste bezeichnen und warum?
Meine absolute Lieblingskategorie ist das „Sharing“, weil durch die Weitergabe und das Teilen von nicht mehr benötigten Dingen jede*r von uns einen großen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten kann. Außerdem kommen hier neben der ökologischen auch die soziale und die ökonomische Komponente der Nachhaltigkeit so richtig gut zur Wirkung.

Beatrix Altendorfer, Gründerin von Nachhaltig in Graz
Beatrix Altendorfer, Gründerin von Nachhaltig in Graz © KK

Inwieweit bringen Sie nachhaltiges Leben in Ihrem Leben unter?
Radfahren ist für mich Entspannung, Alltag, Freude pur. Neues wird vor allem Second Hand erworben. Schwer gelingt mir in stressigen Zeiten dagegen ein verpackungsfreier Einkauf. Hilfreich ist es aber, keinen Perfek­tionsanspruch zu haben. Jeder Schritt zählt, lieber dort ansetzen, wo es leicht geht. Und am wichtigsten ist es für mich ja, andere damit zu begeistern.

Womit sollte man beginnen, wenn man sich für diesen Lebensstil entschieden hat?
Ganz gut kann man mit weniger Konsum beginnen. Zu fragen, brauche ich das wirklich? Wenn ja, warum? Wo kann ich leicht ­etwas ändern? Fahre ich gerne Rad? Dann einfach die Strecken erweitern … Stört mich der ganze Plastikmüll? Dann beginne ich dort schrittweise eine Umstellung. Will ich mehr tun? Dann ist Engagement gefragt!

Was würden Sie persönlich als die größte Umweltsünde bezeichnen?
So zu tun, als hätten wir keine Klimakrise und noch viel Zeit, nur um so weitermachen zu können wie bisher!

Was müsste die Politik Ihrer Meinung nach ändern, um allen einen nachhaltigen Lebensstil zu ermöglichen?
Nicht nachhaltige Unternehmen, Waren oder Transportmöglichkeiten sollten es nicht leichter als ökologische haben oder billiger sein. Wir brauchen auch nicht mehr wachsen, sondern könnten einen Schritt zurückgehen. Das, was da ist, besser verteilen (Arbeit, Geld …). Und: Die Politik kann sich ruhig trauen, mutigere Schritte zu setzen – wir sind dazu bereit! Gemeinsam würden wir eine nachhaltige Entwicklung hinbekommen.


Inwiefern ist die Idee des nachhaltigen Lebensstils in den letzten Jahren gewachsen?
Das Interesse daran wächst auf jeden Fall. Einerseits glaube ich, dass hier auch die Digitalisierung Anteil hat. Wir können uns viel besser informieren und vernetzen, brauchen nicht mehr alles selbst, sondern können vieles ­teilen. Andererseits wird immer mehr Menschen bewusst, dass wir so nicht weitermachen können und dürfen und dass aber ein nachhaltiges Leben ein Qualitätsgewinn ist. Man verzichtet ja auf nichts, sondern befreit sich und gewinnt Gesundheit, Zeit, Zufriedenheit und spart auch noch Geld. Hat man dies einmal entdeckt, kann man schnell „nachhaltigkeitssüchtig“ werden.

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