Von sieben Tagen in der Woche ist er zumindest an fünf in den Bergen ­unterwegs. „Gut 150.000 Höhenmeter schaffe ich im Jahr schon“, erzählt Herbert Raffalt, Bergführer, Fotograf und gestandener Wandersmann. Es gibt wohl nur wenige, die ähnlich viele Kilometer in den Beinen haben wie er. Wie ­viele, das weiß er selbst nicht, es müssen Tausende gewesen sein. Bei Regen, bei Sonnenschein, im Winter mit Scheeschuhen.

Wandern als Training und Meditation

„Je öfter ich draußen bin, desto kräftiger fühle ich mich“, sagt der Enns­taler. Wandern habe für ihn etwas Traumhaftes, fast schon etwas Meditatives. „Dabei kann ich am besten meine Gedanken ordnen, nachdenken, reflektieren“, erzählt er. „Oder mich einfach nur einem schönen Tag in der Natur erfreuen.“ Kurz: Eine Reinigung für Körper und Geist. Seine Erklärung klingt einleuchtend: Man betätige sich dabei körperlich, ohne sich völlig verausgaben zu müssen. Das Tempo lässt sich individuell regulieren. Und so könne man Stunden problemlos durchhalten. „So lange Bewegung da ist, ist das eine Art Komfortzone. Ein Jungbrunnen.“

Groß angelegte Studie

Die Bestätigung, dass Wandern tatsächlich etwas bringt, will der Österreichische Alpenverein bei einer großen Veranstaltung im November mit Zahlen belegen. Drei Jahre haben sich Jürgen Wanger von der Alpenverein-Akademie und sein Team intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Effekte der Bergsport mit sich bringt. Nun ist die groß angelegte Studie abgeschlossen – 1600 Personen hat der Alpenverein dafür online befragt und auch medizinische Tests von Sportstudenten analysiert. Wanger erlaubt einen kurzen Einblick in die Studien-
ergebnisse.

Tatsächlich effektiv

Vergleicht man eine Indoor-Betätigung wie zum Beispiel das Laufen am Laufband, erzielt das Bergwandern im Freien die größeren Effekte. Und zwar sowohl was psychologische als auch was körperliche Daten angeht. Allerdings sollte man sich beim Wandern nicht übernehmen. Denn eine der Haupttodesursachen auf dem Berg ist der Herzinfarkt, also eine Folge von Überforderung und Selbstüberschätzung. „Da ist natürlich die Eigenverantwortung jedes einzelnen gefragt“, mahnt Wanger. Das heißt also: Wer auf den Berg hinaufhetzt und sich ­dabei überanstrengt, bewirkt genau das Gegenteil der positiven Effekte. „Der Gipfel ist nur eine Richtung, nicht mehr“, sagt Wanger.

Kein Spaziergang

Laut Raffalt und Wanger spricht man dann von einer Wanderung, wenn sie mindestens eine Stunde dauert und man dabei – im Bestfall – einige Höhenmeter überwindet. Eine optimale Wirkung lässt sich dann erzielen, wenn man regelmäßig Wanderschuhe schnürt und sich auf in die Natur macht, am besten ein- bis zweimal in der Woche.
Grundsätzlich kann sich jeder eine Wanderung zutrauen, vom Junior bis zum Senior. Natürlich sollten Dauer und Terrain immer individuell abgestimmt sein auf Leistungsfähigkeit und Wille. Sogar Touren für Rollstuhlfahrer werden derzeit vom Alpenverein ausgearbeitet.

Spielerische Ausflüge mit Kindern

Vor allem beim Nachwuchs rät Wanger zu viel Einfühlsamkeit und Rücksichtnahme: „Kinder haben keine Zielvorgaben.“ Mit ihnen sollte man es spielerisch angehen, was aber auch für Erwachsene einen entschleunigenden Effekt haben kann. „Und wenn die Wanderung nach wenigen Kilometern bei einem Bach stoppt oder gar endet, weil Kinder dabei ihrem Sinn für Entdeckungen nachkommen, sei das gut: „Man ist draußen, unterwegs und aktiv“, so Wanger.

Gut gerüstet?

Vor dem Loswandern lohnt ein Blick auf das Equipment (siehe auch oben) und die Wegzehrung. Unbedingt tragen sollte man laut Raffalt Funktionsunterwäsche, darüber im Herbst eine Softshell-Jacke beziehungsweise -Hose, dazu eine wasserabweisende Regenjacke. Eine Haube kann nicht schaden. Wichtig ist ein leichter und kompakter Rucksack, der schlank über den ganzen Rücken reicht – Platz für einen Regenschutz oder Regenschirm, zwei Müsliriegel, eine Banane und eine Wasser- oder Teeflasche. „Die Wander­jause mit Speck ist längst passe“, so Raffalt.