Zwar reagiert in Deutschland die Ampel- und nicht die Jamaika-Koalition, doch scheint es nach dem SPD-geführten Gesundheitsministerium zu gehen, könnte es in der Bundesrepublik bald ähnlich entspannt zugehen, wie auf der Karabikinsel.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach setzt sich für eine Teillegalisierung von Cannabis ein. Bis zu 25 Gramm sollen Volljährige künftig mit sich führen dürfen. Auch der Grasanbau daheim soll erlaubt werden, solange man nicht mehr als drei Pflanzen züchtet. Des Weiteren sollen in Anbauvereinigungen Übermengen abgegeben und gekauft werden können. In einem weiteren Schritt ist geplant in Modellregionen Ladengeschäfte zu eröffnen.

Geld fürs Gesundheitssystem oder Eigentor

Aus dieser Maßnahme erhofft man sich einerseits hohe Steuererträge, die ähnlich wie beim Tabak, zumindest teilweise wieder dem Gesundheitssystem zufließen sollen. Sicher ließe sich mit dem eingenommenen Geld Drogenprävention großzügiger gestalten. Dennoch wird auch argumentiert, dass eine Legalisierung zu Enthemmung von Cannabis führen könnte, die mittel- und langfristig zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Tatsächlich vermag Cannabis zwar als Schmerzmittel wirksam sein, doch kann es auch schwere Psychosen und Depressionen auslösen.

Bereits heute genießt Cannabis in Teilen Deutschlands einen zumindest halblegalen Status. Zwar wird die Droge den Nutzerinnen und Nutzern beim Finden abgenommen, doch nicht unbedingt muss das eine Anzeige nach sich ziehen. Die sogenannten „geringen Mengen“, bei denen ein Verfahren eingestellt wird, regeln die Bundesländer. Während man in Berlin bereits heute schon 15 Gramm mit sich führen darf, sind es in Bayern nur sechs Gramm.

Ungeklärte Widersprüche

Dennoch stehen weiterhin ungeklärte Widersprüche im Raum. Im Gegensatz zu Alkohol soll es weiter untersagt sein, mit dem Cannabis-Wirkstoff THC im Blut Auto zu fahren. Der Grenzwert beträgt bislang einen Nanogramm THC pro Millimeter Blutserum. Dieser Wert sei zu niedrig angesetzt, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Deutschen Versicherungswirtschaft im Berliner Tagesspiegel. Er fordert die dreifache Menge als neuen Grenzwert. In der Tat sorgt die lange Nachweisbarkeit bei Autofahrerinnen und Autofahrern oftmals für Probleme. Obwohl der Konsum mehrere Stunden oder teils sogar Tage zurückliegt und keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorliegt, müssen diese regelmäßig ihre Führerscheine abgeben.

Ebenfalls wird diskutiert, ob sich der Schwarzmarkt nicht rasch an die neuen Gegebenheiten anpassen wird. Die Polizeigewerkschaften warnen vor einem Preiskampf zwischen legalem und illegalem Marihuana. Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband sieht diese Sorge als unbegründet. Sicher werde der „Schwarzmarkt nicht über Nacht verschwinden“, aber graduell kleiner werden.

Ob der aktuelle Gesetzentwurf dazu ausreiche, bezweifelt Wurth jedoch. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Qualität der Produkte besser wird. Die Legalität bietet die Chance die Produkte auf Streckmittel zu kontrollieren. Das dürfte auch Auswirkungen auf den nichtlegalen Verkauf haben. Derzeit wird Cannabis teilweise Vogelsand beigebeben oder mit Haarspray besprüht, um das Gewicht zu vergrößern.

Kommende politische Debatte

Aller ungeklärter Fragen zum Trotz hat das Bundeskabinett heute den Gesetzesentwurf beschlossen und wird diesen in den Bundestag einbringen. Dort dürfte sich in den nächsten Wochen wohl eine sehr emotionale Debatte entwickeln. CSU und AfD stehen der Bewusstseinserweiterung unversöhnlich gegenüber, die eigentlich pragmatische CDU dürfte ihre Schwesterpartei stützen und der Linken wird das Gesetz nicht weit genug gehen.

Dennoch geht man in Deutschland nach jahrzehntelanger Diskussion damit einen Schritt nach vorn. Unterdes scheint in Österreich die Gesellschaft weiter zu sein als die Politik. In einer Umfrage des Magazins Profil sprechen sich die Hälfte der Befragten für eine Legalisierung aus.