Frau Poustka, warum spricht man nicht mehr von Autismus, sondern von einer Autismus-Spektrum-Störung?
LUISE POUSTKA: Weil wir gesehen haben, dass die bis dato üblichen Subtypen, wie das Asperger-Syndrom oder der frühkindliche Autismus für die spätere Entwicklung und die Prognose eines Kindes keine große Relevanz haben. Wir sind dazu übergegangen, die individuelle Situation des Kindes im Autismus-Spektrum besser zu beschreiben: Kann das Kind sprechen? Liegt eine geistige Behinderung vor oder nicht? Es hat gegen diese neuen Definitionen auch Kritik von Autismus-Verbänden in den USA gegeben. Menschen mit Asperger-Syndrom zum Beispiel identifizierten sich stark mit diesem Begriff und haben sich dagegen gewehrt, sich diesen "wegnehmen" zu lassen. Generell haben wir aber eine größere Genauigkeit erreicht: Anstatt in grobe Schubladen einzuteilen, beschreiben wir autistische Kinder und Erwachsene nun genauer – und damit auch den Förderbedarf, den sie haben.