Der Mensch macht durch künstliches Licht die Nacht immer mehr zum Tag. Sowohl das Ausmaß der Lichtverschmutzung als auch ihre geografische Ausdehnung nehmen rapide zu – mit wachsenden negativen Auswirkungen auf Lebewesen wie den Menschen und auf Ökosysteme, warnen Forscher im Fachjournal "Science". Das oft vergeudete Licht benötige enorme Mengen an Strom, was nicht nur hohe Kosten, sondern auch erhebliche Treibhausgasemissionen verursache, so die Wissenschaftler.

In fünf Übersichtsarbeiten dokumentieren Forscherinnen und Forscher in einer "Science"-Spezialausgabe die tiefgreifenden Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf Mensch, Tier und Ökosysteme sowie die Folgen für die Astronomie, die am immer helleren Nachthimmel immer weniger sieht. Zu den Autoren zählen die Epidemiologin Eva Schernhammer von der Medizinischen Universität Wien und der Astrophysiker Stefan Wallner von der Universität Wien. Das Ausmaß an nächtlicher Beleuchtung habe im vergangenen Jahrzehnt jährlich um fast zehn Prozent zugenommen hat – viel mehr, als bisher angenommen. 

Die Auswirkungen des nächtlichen Lichts

Die negativen Auswirkungen von nächtlichem Licht auf Nachtarbeiter sind gut belegt. Sie haben ein höheres Risiko u. a. für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Depressionen, schreiben die Forscherinnen und Forscher. "Weil das zirkadiane System eine zentrale Rolle in der menschlichen Physiologie spielt und damit nahezu alle Gesundheitsaspekte betrifft, sind die Auswirkungen von nächtlicher Lichtexposition und der damit verbundenen Störung dieses Systems für viele Menschen relevant", so Schernhammer gegenüber der APA.

Gibt es in der Nachtschicht noch relativ einfach zu messende Bedingungen, sind die Folgen der zunehmenden Außenbeleuchtung jedoch schwieriger abzuschätzen. Aber auch hier sei bereits ein höheres Risiko für die genannten Erkrankungen sowie für Schlafstörungen festgestellt worden. Neuere Arbeiten hätten eine Verbindung von Außenlicht mit hohem Blaulichtanteil mit erhöhtem Krebsrisiko gezeigt. Hingewiesen wird auch auf Studien während der Covid-19-Pandemie, wonach sich Menschen häufiger, schwerer und länger infizierten, wenn sie unter Schlafmangel litten und/oder nachts arbeiteten oder in Gebieten wohnten, die nachts stark beleuchtet waren.

"Jeder Bürger sollte das Recht auf Dunkelheit und auf eine qualitativ hochwertige, verantwortungsvolle Außenbeleuchtung haben, um seine Gesundheit und sein Wohlbefinden und sein soziales Leben zu verbessern", betonen die Wissenschaftler. Als positive Beispiele heben sie Länder wie Tschechien, Frankreich, Deutschland, Südkorea und Slowenien hervor, die rechtliche und politische Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung ergriffen hätten.

Maßnahmen in den eigenen vier Wänden

Anpassungen der Beleuchtung könnten die Auswirkungen reduzieren. Dazu zählen Abschirmungen, die verhindern, dass Licht in unerwünschte Richtungen abgestrahlt wird, zeitlich begrenzte und adaptive Beleuchtung, die Reduktion der Lichtintensität oder die Anpassung der Farbzusammensetzung. Man könne aber auch in den eigenen vier Wänden etwas tun, um negative Folgen der Beleuchtung zu reduzieren, betonen die Forscher und nennen etwa die Umstellung auf warmweißes Licht mit geringerem Blaulichtanteil sowie Sensoren und Zeitschaltuhren, die Licht am Balkon, im Garten oder Fassaden abends ausschalten oder dimmen.

Um die Lichtverschmutzung effektiv einzudämmen, sieht Stefan Wallner auch die Politik in Österreich am Zug: Die kürzlich überholte ÖNORM zu Lichtimmissionen und das kommende Lichtverschmutzungsgesetz in Oberösterreich seien "wichtige Schritte. Ein bundesweites Gesetz dazu wird dennoch notwendig sein, um den Natur- und Umweltschutz gegen künstliches Licht bei Nacht maximal anzuheben", so der Astrophysiker in einer Aussendung.

Im Kampf gegen die Lichtverschmutzung gehe es nicht darum, alle Lichter auszuschalten, sondern um ein "Gleichgewicht zwischen konkurrierenden Interessen" sowie um Aufklärung, betonen die Forscher. So ließen sich Schäden für die menschliche und ökologische Gesundheit sowie Energieverschwendung und Kohlenstoffemissionen verringern. Die Wissenschaftler plädieren dafür, mit Vorurteilen wie "Je heller, desto besser" und "Gut beleuchtet bedeutet hell beleuchtet" aufzuräumen. Es gehe vielmehr um "die richtige Lichtmenge, die richtige Art von Licht, wo und wann es gebraucht wird".