Mehrere Länder in Europa und Nordamerika haben Fälle von Affenpocken gemeldet, am Freitag trat auch ein erster Fall in Deutschland auf. In Österreich hingegen ist bisher kein Fall der Virusinfektion gemeldet worden. Die Gesundheitsbehörden bereiten sich aber vor: Das Contact Tracing soll im Fall des Falles mit Anfang kommender Woche startklar sein, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ja zu einer Nachverfolgung aller Kontakte von Infizierten aufgerufen.

"Aktuell werden Falldefinitionen und -abgrenzungen erarbeitet, um im Rahmen einer Meldepflicht ein adäquates Fall- und Kontaktpersonenmanagement umsetzen zu können", so das Statement aus dem Gesundheitsressort. Für eine Entscheidung, ob die Affenpocken künftig zu den meldepflichtigen Erkrankungen zählen sollen und Infizierte auch in Quarantäne müssen, brauche es einheitliche internationale Vorgaben, diesbezügliche Abstimmungen laufen zwischen der WHO und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Dabei geht es um eine übereinstimmende Falldefinition, also zum Beispiel anhand welcher Parameter die Krankheit diagnostiziert und nachgewiesen wird. Auch für den Nachweis der Affenpocken könnten labortechnische PCR-Tests verwendet werden.

Bis ein einheitliches internationales Vorgehen beschlossene Sache ist, gehen die Gesundheitsbehörden wie folgt vor. Im Laufe des heutigen Freitags wird den Bundesländern, den Fachgesellschaften sowie Ärztinnen und Ärzten vom Gesundheitsministerium ein Informationsschreiben übermittelt. Dies soll in den Gesundheitseinrichtungen zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber der an sich sehr seltenen Infektion beitragen.

Wieso die Affenpocken vermehrt auftreten

Warum die Affenpocken gerade jetzt offenbar vermehrt auftreten und sich ausbreiten, dafür gibt es mehrere Vermutungen. Zum einen könnte die wieder erhöhte Reisetätigkeit "nach Covid", da durch die Pandemiebekämpfung Reisen viel weniger oder teilweise gar nicht möglich waren, dazu beitragen. Zum anderen sind Behörden, aber auch Medien und Bevölkerung durch die Erfahrungen mit Corona wohl auch stärker sensibilisiert für Zoonosen und ihre möglichen Folgen – wie Sars-CoV-2 sind die Affenpocken eine vom Tier auf den Menschen übergesprungene Krankheit. "Covid hat gezeigt, welche ernst zu nehmende Gefahr von Zoonosen ausgehen kann und wie wichtig daher ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit bei Mensch, Tier und Umwelt – also der One Health Ansatz – ist", so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.

Die Situation in Deutschland

Das deutsche Robert-Koch-Institut hat schon Anfang der Woche zu Vorsicht gegenüber den Affenpocken aufgerufen. Am Freitag wurde nun ein erster Fall auch aus Deutschland gemeldet. Detektiert wurden bei dem Patienten die charakteristischen Hautveränderungen. Weitere Fälle sind aus Großbritannien, den USA, Kanada und Portugal bekanntgeworden, ebenso aus Spanien, Italien, Frankreich, Schweden sowie Belgien. Australien meldete am Freitag einen ersten Fall bei einem männlichen Reisenden, der vor Kurzem aus Großbritannien zurückgekehrt war.

Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge, die meist im Gesicht beginnen und sich auf den Rest des Körpers ausbreiten. Die Krankheit verläuft in der Regel mild. Bei Affenpocken handelt es sich um eine seltene Viruserkrankung, die von Tieren – vermutlich vor allem von Nagetieren – auf Menschen übertragen wird. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind selten, aber bei engem Kontakt möglich. Die Viruserkrankung tritt hauptsächlich in West- und Zentralafrika auf und nur sehr selten andernorts, was die gegenwärtigen Ausbrüche ungewöhnlich macht.

Wer am stärksten gefährdet ist

Die Krankheit trägt den Namen Affenpocken, weil der Erreger 1958 erstmals bei Affen in einem dänischen Labor nachgewiesen wurde. Fachleute vermuten, dass das Virus eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen – und Menschen – gelten als "Fehlwirte". Am stärksten gefährdet sind laut dem deutschen Mediziner Norbert Brockmeyer Menschen, die sexuelle Kontakte zu vielen verschiedenen Menschen haben. Das Virus könne aber grundsätzlich auch bereits bei engem Körperkontakt übertragen werden, insofern hält er auch in der Allgemeinbevölkerung Vorsicht für ratsam. "Es darf aber keine Hysterie entstehen. Die Affenpocken werden gut kontrollierbar sein."

"Es ist ja leider so, dass wir in Deutschland eine Riesenpopulation haben, die nicht gegen Pocken geimpft worden ist – insbesondere im sexuell aktiven Alter", sagte Brockmeyer. Das Potenzial an Infektionen durch den Erreger sei damit deutlich größer als etwa noch vor 20 Jahren. Je nach weiterer Entwicklung müsse man Pockenimpfungen in Erwägung ziehen. Deren Wirkung, die ein Leben lang anhält, hat laut AGES nämlich auch vor den Affenpocken geschützt. Dank der Impfung konnte die WHO die Pocken schließlich für ausgerottet erklären, auch in Österreich wurde 1981 die Pocken-Impfpflicht aufgehoben.