Der Tag war ein langer. Erst die Kinder schulfertig gemacht, dann in der Arbeit versucht, alle Deckel auf ihren Töpfen zu halten. Nebenbei jagte ein Meeting die nächste Videokonferenz. Schließlich die Kinder abgeholt, eingekauft, Essen gekocht. Nachdem die Kinder schlafen, liegt man endlich selbst auch im Bett. Allein, der Schlaf will sich nicht einstellen. Zu viele Gedanken schwirren im Kopf. Die Folge: Das bisschen Schlaf hat nicht geholfen. Zusehendes wird die Bewältigung des Alltags schwerer. Was bleibt, ist Erschöpfung als ständiger Begleiter.

Schlafstörungen, vor allem Schwierigkeiten beim Einschlafen, können ein Hinweis auf Erschöpfung sein. „Das sollte ein Zeichen sein, dass ich etwas tun muss, um besser abschalten zu können“, sagt Christa Rados, Primaria an der Psychiatrie des LKH Villach. Die Ursachen für einen Erschöpfungszustand sind unterschiedliche, denn jeder Mensch hat andere Belastungsgrenzen. Aus medizinischer Sicht versetzt Erschöpfung den Körper in eine Situation, in dem er anfälliger für negative Zustände wird. Kopf- oder Rückenschmerzen, Appetitveränderungen aber auch Magen-Darm-Beschwerden können physische Symptome sein. Geringe Belastbarkeit, Reizbarkeit, depressive Gefühle können psychische Anzeichen sein.

Erschöpfungsgefühle aktiv ansprechen

Wichtig zu betonen ist, dass Erschöpfung nichts ist, dass nur auf körperliche Arbeit zurückzuführen ist. Denn ob Überlastung durch Arbeit vor dem Computer oder durch stundenlange Tätigkeit im Stehen verursacht wird, spielt kaum eine Rolle. „Das vegetative Nervensystem powert sich vor dem Computer unter Stress genauso aus“, erklärt Rados. Abhilfe kann Ausgleichssport bieten, denn durch die körperliche Belastung wird Adrenalin abgebaut und etwas Entspannung kann sich einstellen.

Beschleicht einen das Gefühl, aus dieser Situation selbst keinen Ausweg zu finden, kann eine erste Anlaufstelle der Hausarzt sein. Es sollten aber nicht nur die körperlichen Symptome, sondern auch die Erschöpfungsgefühle aktiv von den Betroffenen angesprochen werden. Ein Facharzt sollte spätestens dann aufgesucht werden, wenn ein Zustand eintritt, in dem man alles negativ beurteilt und nichts mehr als positiv empfindet.

Angehörige spielen Schlüsselrolle

Hier kommt auch Angehörigen eine Schlüsselrolle zu. Sie können Veränderungen ansprechen und den Weg zur professionellen Beratung ebnen. Denn Hilfe wegen psychischer Probleme in Anspruch zu nehmen, ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu. „Zu viele Menschen glauben, sie müssten ihre psychischen Probleme im Alleingang lösen“, sagt Rados. „Häufig benötigt es jedoch eine gezielte Behandlung. Wenn ich mir die Hand breche, sagt auch niemand, ich soll mich zusammenreißen.“