Die Schulter schmerzt, Julius Jandl geht zum Arzt. Dieser bemerkt die Narben auf seiner Brust. Und schon sind nicht mehr die Schulterschmerzen Mittelpunkt des Interesses – sondern die Mastektomie. Wieso hat sich Julius die Brüste entfernen lassen, was steckt dahinter? „Als trans oder als queere Person muss man sich praktisch bei jedem Arztbesuch outen“, erzählt Julius Jandl. Die Geschichte eines Outings ist eine zutiefst persönliche. Sich ständig, wieder und wieder, erklären zu müssen, kann für viele trans Menschen belastend sein.

Diese Erklärungen nicht bei jedem medizinischen Termin abgeben zu müssen, war ein Grund, wieso Jandl die Plattform Queermed ins Leben gerufen hat. Der andere war, dass er selbst auf der Suche nach einer Gynäkologin, einem Gynäkologen war, der ihn auf seinem Weg begleitet. „Bei vielen Fachärztinnen oder Fachärzten fehlt etwa das Bewusstsein, dass man auch als männlich gelesene Person Bedarf an gynäkologischen Untersuchungen hat“, sagt Jandl, der als trans Mann lebt.

Was ist die medizinische Transition?

Trans bzw. Transgender beschreibt, dass sich eine Person nicht mit jenem Geschlecht identifiziert, dass ihr bei der Geburt zugewiesen wurde. Möchte man die medizinische Transition von einem zum anderen Geschlecht vollständig vornehmen, sind – neben vielen anderen – vor allem drei Schritte notwendig. Zuerst ist dies die Personenstandänderung, häufig folgt darauf die Hormonbehandlung, auf diese wiederum kann eine geschlechtsangleichende Operation folgen. Dieser Vorgang ist nicht nur zeitlich aufwendig, er ist es auch bürokratisch. „Ich wollte gesammelte Informationen anbieten, wie man eine Transition angehen kann, weil ich selbst so etwas gesucht hatte und weil mich der Prozess auch persönlich überfordert hat.“

Über den Sommer 2020 ist die Entscheidung für diese Plattform in ihm gereift, innerhalb von vier Wochen war das Verzeichnis aufgesetzt. Mittlerweile sind unter queermed.at170 Ärztinnen und Ärzte aus allen Bundesländern zu finden. Nicht alle sind auf medizinische Transition spezialisiert, aber alle wurden wegen ihres sensiblen Zugangs zur LGBTIQ+ Community empfohlen. „Es geht um Respekt und darum, dass man nicht von vorneherein ein weltanschauliches Problem damit hat“, sagt Jandl. Die Medizinerinnen und Mediziner können sich nicht selbst eintragen, Empfehlungen kommen aus der Community.

Auch in diesem Verzeichnis gelistet ist Christian Laback. Er ist plastischer Chirurg am Universitätsklinikum Graz. Gemeinsam mit seinem Team hat er mit der Trans-Mann-Ambulanz eine Anlaufstelle für Geschlechtsangleichungen geschaffen. Plattformen wie Queermed würden Menschen helfen, Ängste abzubauen und Anlaufstellen zu finden, wo sie notwendige und wichtige Fragen stellen können. Und dann auch in einem sicheren Rahmen Antworten bekommen. „Geschlechtsentwicklung bzw. die Findung der Identität kann dauern. Jedoch gibt es häufig schon in der Kindheit erste Anzeichen“, sagt Laback. Wenn die Patientinnen und Patienten zu ihm kommen, haben sie den ersten Schritt der Transition, den der Personenstandsänderung, schon gemacht. Viele haben auch die Hormontherapie gestartet. Diese verändert etwa Bartwuchs und Muskelaufbau.

Die geschlechtsangleichenden Operationen sind dann der letzte Stein des Puzzles. Wobei es zumeist nie nur ein Eingriff ist, sondern mehrere aufeinanderfolgende. „Manche Patientinnen möchten erst nur die Brust entfernt haben, gehen schrittweise vor. Andere möchten auch gleich den Penoidaufbau besprechen.“ Die wenigsten seiner Patientinnen würden diesen Prozess alleine durchmachen. „In unsere Sprechstunde kommen oft Angehörige mit“, erzählt Laback. „Das spiegelt meiner Ansicht nach wider, dass sich in unserer Gesellschaft doch etwas weiterentwickelt.“