Was gab es nicht schon alles an Aufregung rund um dieses vermeintliche Covid-19-Medikament: Zuerst als großer Hoffnungsträger gehandelt, kehrte sich das Bild bald um und Ärzte warnten vor tödlichen Nebenwirkungen. Und dann entwickelte sich um Hydroxychloroquin auch noch der erste handfeste Wissenschaftsskandal dieser Pandemie. Nun liefert die erste große Analyse wohl den endgültigen Todesstoß für den Wirkstoff: Sie zeigt nämlich eindeutig, dass Hydroxychloroquin nicht gegen die Lungenkrankheit Covid-19 wirkt. Es ist die bisher robusteste Metaanalyse zu dem Thema, wie die Universität Neuenburg mitteilte.

Kurz nach Ausbruch der Coronakrise wurden zwar viele Patienten mit dem Malariamittel behandelt. Über dessen Wirksamkeit kamen jedoch schnell Zweifel auf, da Analysen zu widersprüchlichen Ergebnissen führten.

Vom Hoffnungsträger zum Skandal

Was war alles geschehen? Hydroxychloroquin, ein alter Wirkstoff gegen Malaria, galt als einer der Hoffnungsträger in der Therapie von Covid-19: Der Rummel, der um dieses Medikament entstanden war, ist vor allem einem zuzuschreiben: US-Präsident Donald Trump, der das Malariamittel schon früh als „Wundermittel“ anpries und auch regelmäßig als Coronaprophylaxe einnahm. Doch gleichzeitig mehrten sich warnende Stimmen: Es wurden schwere Nebenwirkungen beobachtet, Patienten entwickelten Herzrhythmusstörungen.

In der Folge warnten amerikanische Gesundheitsbehörden sowie die europäische Arzneimittelbehörde vor Risiken bei der Anwendung von Hydroxychloroquin gegen Covid-19. Der vermeintliche Todesstoß kam Ende Mai: Am 22. Mai wurde in der renommierten Fachzeitschrift "The Lancet" eine Untersuchung veröffentlicht, die weitreichende Folgen hatte.

Sie kam nämlich zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin sowie der verwandte Wirkstoff Chloroquin nicht nur keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten hätten, sondern möglicherweise wegen schwerer Nebenwirkungen sogar das Sterberisiko erhöhten. Diese schweren und kaum vorhersehbaren Nebenwirkungen können lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen sein. In der Folge hatten mehrere Länder die Behandlung von Covid-19-Erkrankten mit dem Malariamittel untersagt, die Weltgesundheitsorganisation WHO setzte klinische Tests mit dem Mittel unter Verweis auf die Studie aus.

Doch dann der Knalleffekt: Drei der Autoren und das Fachmagazin "The Lancet" distanzierten sich von dieser einflussreichen Studie und sie wurde schließlich wegen Betrugsverdachts zurückgezogen: Die Daten, auf denen die Analyse basierte, wurden stark angezweifelt, die Firma, die die Daten zur Verfügung gestellt hatte, gab die Originaldaten auch nicht preis.

Diese Studie wurde zwar zurückgezogen, kurz darauf zeigten aber auch schon Ergebnisse einer britischen sowie eine Basler Studie die Wirkungslosigkeit des Malariamittels.

Behandlung ist "nutzlos"

Nun werteten Forschende mit Beteiligung der Universitäten Neuenburg und Lausanne 29 Studien mit insgesamt 33.000 Patienten aus. Sie kamen zum Schluss, dass Hydroxychloroquin allein die Sterblichkeit von hospitalisieren Patienten nicht beeinflusst. Weder verringere noch erhöhe das Medikament das Sterberisiko. Patienten ausschließlich mit Hydroxychloroquin zu behandeln, sei demnach nutzlos, schreiben die Autoren im Fachmagazin "Clinical Microbiology and Infection".

"Hydroxychloroquin wurde anfänglich in großem Umfang mit oder ohne dem Antibiotikum Azithromycin verabreicht", sagte der Mitautor Matthieu Mulot, Biologe und Statistiker an der Uni Neuenburg, gemäß der Mitteilung. Aber die Studie belegt, dass die Kombination aus Hydroxychloroquin und Azithromycin das Sterberisiko um 27 Prozent erhöht.