Mein Kind schläft so schlecht“ gehört zu den häufigsten Sorgen, mit denen Eltern zum Kinderarzt kommen. Was sind die Ursachen?

WERNER SAUSENG: Wenn Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und zwei Jahren in der Nacht oft aufwachen, hat das meistens zwei Gründe. Entweder sind sie nicht gewohnt, selbstständig einzuschlafen, oder sie sind daran gewöhnt, nachts gefüttert zu werden.

Kinder sollten also lernen, selbstständig einzuschlafen. Das sagt sich jetzt so leicht ...

Es geht nicht von heute auf morgen, aber in kleinen Schritten, indem man allmählich aufhört, das Kind direkt zum Einschlafen zu wiegen oder mit ihm zu kuscheln. Es sollte allmählich genügen, nur in seiner Nähe zu sein.

Werner Sauseng ist Kinderarzt
Werner Sauseng ist Kinderarzt © KK

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Auch das regelmäßige Füttern in der Nacht wird Eltern zum Verhängnis?

Der Mensch braucht in seinen ersten Lebensmonaten zwar auch während der Nacht eine Energiezufuhr, später wird aus dem Essen in der Nacht aber einfach eine Gewohnheit, die am Durchschlafen hindert.

Wie viel Schlaf ist für Kinder überhaupt ausreichend?

Die Normalzeit hat eine große Bandbreite, das ist von Kind zu Kind sehr unterschiedlich. Am Ende des ersten Lebensjahres sind es im Schnitt 14 bis 15 Stunden über den Tag gerechnet, aber auch elf oder 17 Stunden sind normal. Der Schlafbedarf des Kindes nimmt mit zunehmendem Alter jedenfalls ab. Die Schlafphasen tagsüber werden kürzer und verlagern sich mehr und in die Nacht hinein.



Wie wichtig ist es, Kinder immer zur gleichen Zeit ins Bett zu bringen?

Eine der ersten Regeln für gesunden Kinderschlaf ist ein regelmäßiger Schlaf-wach-Rhythmus. Fixe Schlafenszeiten und fixe Essenszeiten sind für die meisten Kinder gut. Ob es abends einmal eine halbe oder eine Stunde später wird, ist dabei gar nicht das Problem. Viel wichtiger ist die Frage: Wie wird tagsüber mit dem Schlaf umgegangen? Da warten Eltern manchmal, bis ihr Kind ihnen signalisiert, dass es müde ist. Dann legen sie es nieder. Diese Müdigkeitszeichen sind aber unsicher, und jeder Tag ist dann anders: So fehlt dann der Rhythmus und es kann zu längeren Wachphasen in der Nacht kommen. Ich empfehle auch für die Vormittage und Nachmittage fixe Schlafzeiten.

Auch Kinder können schnarchen – ein Alarmsignal?

Darüber sollte man auf jeden Fall mit dem Kinderarzt reden. Etwa zehn Prozent der Kinder schnarchen, ein Fünftel davon hat ein sogenanntes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom. Diese Kinder bekommen also schlecht Luft und werden durch die Atemnot immer wieder aus dem Schlaf herausgerissen. Die Ursache sind meistens große Mandeln oder Polypen. Das ist ein ernsthaftes Problem.

Es gibt Morgen- und Abendmenschen. Merkt man das schon beim Kleinkind?

Die Neigung ist zwar angeboren, ich stelle aber fest, dass Kinder vielfach einfach den Rhythmus ihrer Familie übernehmen. Man kann Schlafzeiten auch in kleinen Schritten nach hinten verschieben, wenn Kinder ihre Eltern ständig allzu früh aus dem Bett holen. Aber Rhythmus-Verschiebungen dauern bis zu zwei Wochen.

Was sagen Sie Eltern, die besonders viel Mühe damit haben, ihr Kind zum Einschlafen zu bringen?

Dass Kinder einfach sehr unterschiedlich sind. Es gibt welche, die sich selbst leicht beruhigen können und gut einschlafen, anderen wiederum fällt das sehr schwer. Diesen Kindern bietet man Hilfe an. Aber Kinder gewöhnen sich an solche Hilfen, und dann muss man sie ihnen wieder abgewöhnen. Dazu kann man sich Hilfe und Unterstützung holen. Der erste Ansprechpartner dafür ist der Kinderarzt.