Diabetes stelle kein weltweites Problem, sondern "einen globalen Notfall" dar, erklärt Nebojsa M. Lalic von der International Diabetes Federation (IDB) im Vorfeld des Welt-Diabetes-Tags am 14. November. Die IDB geht von 58 Millionen Diabetes-Fällen in Europa aus und befürchtet, dass diese Zahl bis 2045 auf 67 Millionen steigen wird.

Großteil wäre vermeidbar

90 Prozent der aktuellen Fälle sind nach Angaben von Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien und Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft dem Typ Diabetes mellitus Typ 2 zuzuordnen. 50 bis 70 Prozent davon wären vermeidbar. Die Prävention wäre nicht einmal aufwendig: Sie besteht in gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung. Was darunter konkret zu verstehen ist, muss gelernt werden. "Diese Inhalte werden in Schulen bisher nicht ausreichend vermittelt. Das kritisieren wir seit Jahren", sagt die Endokrinologin Yvonne Winhofer-Stöckl. Große Bedeutung bei der Prävention und beim Erkennen von und Umgang mit Diabetes kommt nach Erfahrung der Experten der Familie und speziell den Frauen zu. Die Vorbildhaltung der Mütter ist häufig der Schlüssel zu Bewegungs- und Ernährungsverhalten der Kinder. Darüber hinaus ist erwiesen, dass Kinder von Frauen, die unter Schwangerschaftsdiabetes litten, ein erhöhtes Risiko haben, selbst "zuckerkrank" zu werden.

Routineuntersuchung gefordert

Daran knüpft sich eine der Forderungen der ÖDG an die Politik: Eine routinemäßige Untersuchung auf Diabetes drei Monate nach der Geburt. Darüber hinaus drängen die Mediziner auf die Einführung eines Jugendpasses, um jungen Menschen die Bedeutung des Risikofaktors Gewicht bewusst zu machen. Zum dritten wollen die Mediziner die Aufnahme eines weiteren Tests in die Vorsorgeuntersuchungen: Die Bestimmung des HbA1c-Werts, der Aufschluss gibt über den Blutzuckerspiegel der vorangegangenen sechs bis acht Wochen. Damit lässt sich auf einfache Weise auch Prädiabetes erkennen - das Stadium, in dem Prävention so greift, dass dire Krankheit mit potenziellen Folgeerscheinungen wie Herzinsuffizienz oder Problemen mit Augen und Nieren gar nicht erst entsteht.

Österreichische Experten und Betroffene haben zwar eine Diabetes-Strategie erarbeitet. "Sie wartet aber noch darauf, mit Leben erfüllt zu werden", merkt Kautzky-Willer Richtung Gesundheitsministerium kritisch an. In dieses 2017 von der ÖDG verabschiedete Papier seienalle Forderungen von der Prävention bis zur Rehabilitation eingeflossen.