Wer träumt im Sommer nicht vom Köpfler in den eigenen Pool, oder zumindest in den des Nachbarn? Zumal Industrie und Handel immer häufiger damit werben, dass es den ganzen Spaß auch so gut wie ohne Chemie, respektive ohne Chlor, gibt. Kann das hygienisch einwandfrei funktionieren?, fragen wir Regina Sommer.

Sie leitet die Abteilung Wasserhygiene am Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie an der Medizinischen Universität Wien. „Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Pool geht es um Infektionsprävention. Wenn mehrere Menschen ein Becken gemeinsam nutzen , können sie Krankheitserreger abgeben, die dann vom einen zum anderen übertragen werden. Chlor ist das einzige Desinfektionsmittel, das zwischen den Badenden eingebracht werden kann und Krankheitserreger binnen 30 Sekunden abtötet“, sagt die Expertin.

Wer kein Chlor will, könnte einfach ständig frisches Wasser nachfüllen - sollte man meinen. „Klingt verlockend und plausibel, aber zwischen den einzelnen Schwimmern ist damit kein Schutz mehr vor Noroviren, Salmonellen und allem, was der Körper sonst noch abgeben kann, gegeben“, warnt Sommer.

Wer wissen will, wie Bäderhygiene fachlich fundiert funktioniert, werfe einen Blick in die österreichische Bäderhygieneverordnung, die im Internet gratis abrufbar ist, lautet der Rat der Hygienikerin. „Gesetzlich kontrolliert wird die Einhaltung der Vorgaben zwar nur im öffentlichen Bereich, ich kann aber jedem nur empfehlen, sich an diesen Vorgaben zu orientieren, weil nur mit diesen die maximale Sicherheit in puncto Hygiene und Infektionsschutz gegeben ist.“

Kaum Chlorgeruch

Die Skepsis gegenüber Chlor im Badewasser lässt sich jedenfalls leicht entkräften: „Wenn ein Bad mit Chlor so betrieben wird, dass das Wasser zunächst durch Filter- und Flockungsanlage gereinigt wird, und dann eine kleine Menge Chlor für die Desinfektion eingebracht wird, werden sie kaum einen Chlorgeruch feststellen und auch keine Hautirritationen haben“, sagt Sommer.

Anders gesagt: „In gut gereinigtem Badewasser, das Stichwort heißt hier Flockungsfiltration, braucht man nur eine kleine Menge Chlor, die dann auch gut wirkt.“ Konkret handle es sich um eine Konzentration von nicht mehr als 0,3 bis 0,5 Milligramm Chlor pro Liter Beckenwasser - „0,3 mg sind sogar im Trinkwasser erlaubt“, fügt die Wissenschaftlerin hinzu und ergänzt: „In Frankreich und England wird das Trinkwasser für die Verteilung nach dem Wasserwerk sogar mit mehr als der dreifachen Menge an Chlor versetzt.“

Filter reinigen

Für die Filtration des Wassers stehen einerseits Kartuschen- bzw. Faltenfilter zur Verfügung, andererseits kleine und größere Sandfilter. „Bei allen Filtern ist eine regelmäßige Reinigung beziehungsweise der Austausch wichtig“, betont der Sachverständige für Wasseraufbereitung und Bädertechnik, Reinhard Karl. Sandfilter werden rückgespült, was im Schnitt einmal pro Woche zu erfolgen habe, um den Schmutz aus dem Kreislauf herauszubringen. Der Zeitaufwand? „Etwa fünf Minuten“, sagt Karl.

Wie gut oder schlecht das Chlor wirkt, hängt allerdings noch von einem dritten Faktor ab: dem pH-Wert des Wassers, dieser sollte am besten bei 7 liegen und damit neutral sein. „Bei höherem pH-Werten von 8 oder 9 wirkt Chlor nicht mehr ausreichend. Dann braucht es einen pH-Absenker“, sagt Sommer und Karl ergänzt: „Je härter das Wasser ist, desto mehr pH-Absenker benötigt man.“

Ebenfalls wichtig: Gutes Badewasser braucht auch sorgfältige Messungen und Kontrollen. „Filter spülen, Chorgehalt nachmessen und pH-Wert überprüfen sollte zur Routine werden“, sind sich die Experten einig und warnen vor Versprechen der Industrie, die mitunter Glauben macht, das alles ginge viel einfacher - etwa mit Salz im Wasser als Desinfektionsmittel. „Das ist Unsinn, weil Mikroorganismen Salz gut vertragen“, warnt Sommer.

Chlor aus Salz

Eine eigene Geschichte sind Systeme, die das Badewasser mit dem Salz über eine Elektrolyseanlage leiten. Die Werbung spricht hier gern von einer chlorfreien Desinfektion. Die Wahrheit sieht anders aus: Durch den Prozess entsteht aus dem Kochsalz im Wasser Chlor. Und dessen Konzentration im Wasser gehört wiederum regelmäßig gemessen bzw. kontrolliert.

Anders gesagt: Das Salzbecken ist nur eine Variante der Chlorung. „Und sogar die schlechtere, wenn das Beckenwasser zuerst mit Salz vermengt wird und dann mitsamt den Stoffen, die die Badenden absondern, über die Elektrolysezelle geleitet wird“, warnt Sommer.

„Dabei kann eine Vielzahl unterschiedlichster Substanzen entstehen, die man chemisch nicht unter Kontrolle hat und die zum Beispiel Hautreizungen oder Allergien auslösen können.“ Sommers Empfehlung: Salz in sauberem Trinkwasser lösen, es über die Elektrolyse laufen lassen und dann die Chorlösung dem Becken zusetzen.

Als Alternative zum Chlor werden auch immer wieder sogenannte sauerstoffbasierende Desinfektionsmittel angeboten. „Diese sind für die Badewasserdesinfektion nicht geeignet“, sagt Sommer, „weil Sauerstoffabspalter in den eingesetzten Konzentrationen nicht ausreichend viruzid wirksam sind.“

Und wenn Ozon im Spiel ist? „Würde man ein Becken wirklich mit Ozon desinfizieren und dabei eine Konzentration einstellen, die man benötigt, um Krankheitserreger unschädlich zu machen, wäre das für den Menschen gesundheitsgefährlich, weil der Badende diesem Reizgas ausgesetzt wäre.“

Merke: Sobald jemand chlorfreie Desinfektion verspricht, empfiehlt sich die Frage: Worin besteht der Wirkmechanismus? Wie werden Krankheitserreger unschädlich gemacht? So lassen sich unseriöse Versprechen rasch enttarnen. Gesundheitlich unbedenkliches Poolwasser, das ist nun einmal eine Frage hochwirksamer Chemikalien – richtig dosiert, nur darauf kommt es an.