Ob Pudding, Kekse oder Kakaopulver: Zahlreiche Produkte werben inzwischen mit dem Hinweis auf weniger Zucker. Es sei in Ordnung, besagte Produkte zu konsumieren, sagte Ernährungswissenschafter Jürgen König vom Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien anlässlich eines von der Agrana ausgerichteten Hintergrundgesprächs der APA. Aber man solle aufpassen, dass man nicht in Gefahr läuft, dass man am Ende doch mehr Energie zunimmt als beabsichtigt. Laut WHO-Empfehlungen sollten nur zehn Prozent des Energiebedarfs aus sogenanntem freien Zucker stammen. Bei einem Erwachsenen sind das pro Tag rund 50 Gramm, was zwölf Stück Würfelzucker entspricht. Dabei ist aber auch Zucker aus Honig, Sirupen oder Fruchtsäften inkludiert ("Free Sugars").

Die Kalorien, sprich Energie, bleiben in den kritisierten Produkten jedenfalls fast erhalten, wie die Angaben auf einem Schokopudding mit 30 Prozent weniger Zucker im Vergleich mit seinem herkömmlichen "Produktkollegen" etwa zeigen: die Kalorienreduktion beträgt dann nämlich nur sechs Prozent, dem höheren Fettgehalt geschuldet. Ebenso ein Butterkeks, der mit 38 Prozent weniger Zucker wirbt und dann nur 4,4 Prozent kcal einspart, oder der Spitzenreiter Kakaopulver mit 57 Prozent weniger Zucker, bei dem dann die Ersparnis nur noch 0,5 Prozent ausmacht, da der Kohlenhydratanteil so gut wie unverändert blieb.

Weniger von allem

Dass die Kalorienaufnahme aber das Kernthema bei der Gewichtsreduktion ist, sei eine Tatsache, betonte König. "Zucker als solcher macht nicht krank, sondern die Energie, die im Zucker ist", und diese Energie enthalten auch andere Nahrungsmittel. Agrana-Vorstandsvorsitzender Johann Marihart dazu: "Ich will den Zucker nicht schönreden, so ist es nicht gemeint, nur muss man aufpassen, dass man die richtigen Schlüsse zieht. Ihn zu reduzieren ist sinnvoll, aber nicht nur Zucker allein. Wir sollten von allem weniger essen. Da gehören Fett, alkoholische Getränke und Fleisch dazu, dann ist das durchaus sinnvoll", lautete das Plädoyer des Ernährungswissenschafters König. Es mache aber keinen Sinn, zu sagen, wenn man den Zucker reduziert, dann hat man das Problem im Griff. Antizuckerkampagnen würden so letztendlich einen falschen Fokus setzen.

Auch Agrana-Chef Johann Marihart will mit seiner Kritik an zuckerreduzierten Produkten nicht aufrufen, mehr davon zu konsumiern: "Essen soll ein befriedigendes Erlebnis bleiben, aber wir wollen die Leute nicht dick und krank machen." Weniger Kalorien seien da ein Teil des Konzepts, das durch mehr Bewegung ergänzt werden muss.

Energiebilanz

Die meisten Menschen interessieren sich für die Ernährung leider weniger als sie sollten, stellte abschließend König fest und verwies auf "beunruhigende" Ergebnisse einer aktuellen Umfrage durch das market-Institut mit 500 Teilnehmern: Nur vier von zehn Österreichern können den Begriff Energiebilanz (die Differenz zwischen Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch) richtig definieren, nur knapp ein Drittel achtet beim Essen bewusst auf den Kaloriengehalt.