Bei Wechselwirkungen kennen sie sich aus: Die Apotheker Christina Labut und Alexander Hartl schulen andere Apotheker zum Thema Medikationsmanagement. Dahinter verbirgt sich die Kunst, Medikamente so einzusetzen, dass sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung nicht beeinflussen – was aber häufig vorkommt. Vor allem dann, wenn viele Arzneimittel gleichzeitig genommen werden. Für die Kleine Zeitung zeigen sie fünf häufige Wechselwirkungen auf – und bieten Lösungen an.

1. Schmerzmittel und Blutverdünner

Der Kopf schmerzt, der Rücken zwickt – man holt sich schnell ein Schmerzmittel aus der Apotheke. Doch nimmt man auch einen Blutverdünner, ist hier Vorsicht geboten: „Es ist wichtig zu wissen, welches Blutgerinnungsmittel der Patient nimmt“, sagen die Experten. „Erst dann kann man ein passendes Schmerzmittel dazu aussuchen.“

Wirkung. Schmerzmittel aus der „NSAR“-Gruppe oder auch das klassische Aspirin wirken auch blutverdünnende und können somit die gerinnungshemmende Wirkung verstärken!

Alternative: „Man muss ein Schmerzmittel nehmen, das die Blutgerinnung nicht beeinflusst“, sagen Labut und Hartl. Paracetamol wäre daher bei vielen Blutverdünnern das Mittel der Wahl.

2. Pille und Johanniskraut

Die Pille schluckt Frau ohnehin jeden Morgen, leidet sie zusätzlich an einer leichten depressiven Verstimmung, wird oft Johanniskraut als pflanzliches Heilmittel eingesetzt. Doch Vorsicht, die Pille kann dadurch ihre Wirkung verlieren!

Wirkung. Den Abbauprozess von Medikamenten kann man sich laut Hartl wie einen Trichter vorstellen: Die Pille muss durch den Trichter durch, um abgebaut zu werden. Es gibt Medikamente, die diesen Trichter verschließen, wodurch das andere Medikament nicht abgebaut wird. Aber es gibt auch solche Arzneimittel, die den Trichter aufmachen und das Medikament wird viel schneller abgebaut. So wirkt Johanniskraut. Johanniskraut macht den Trichter auf, manche Wirkstoffe der Pille „rauschen“ ungebremst durch den Körper und wirken abgeschwächt bis gar nicht.

Alternative. „Bei Tees besteht wahrscheinlich keine Gefahr, doch ab einer höheren Konzentration in Kapselform sollte man auf jeden Fall mit einem Kondom verhüten“, sagen die Experten. Natürlich sollte eine länger bestehende depressive Episode von einem Facharzt abgeklärt werden. Oft kann die depressive Verstimmung mit der Pille selbst zusammenhängen. Dies sollte daher mit dem Frauenarzt besprochen und eventuell eine andere Verhütungsmethode gesucht werden.

3. Antibiotikum und Statin

Statine sollen den Cholesterinspiegel im Blut senken und sind daher meist Dauermedikation. Kommen bestimmte Antibiotika aufgrund eines Harnwegsinfekt oder bakterieller Infektionen dazu, ist Vorsicht geboten: Das Statin wird langsamer abgebaut, Nebenwirkungen verstärkt.

Wirkung. Das Antibiotikum verschließt den „Trichter“, der für den Abbau des Statins zuständig ist. Da man mit der täglichen Tablette aber wieder Arzneimittel „nachfüllt“, steigt die Konzentration im Körper immer weiter an. Durch diese große Menge an Wirkstoff im Körper werden die Nebenwirkungen verstärkt: Es kann zum Muskelabbau und -zerfall kommen, was im Extremfall zum Nierenversagen führen kann.

Alternative. Ein Antibiotikum wählen, dass nicht diese Wirkung in Kombination mit Statinen hat.

4. Antibiotikum und Mineralstoffe (Kalzium, Eisen, Magnesium)

Die Mineralstoffe Kalzium, Eisen und Magnesium werden nicht nur über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen. Sie sind auch in Tabletten gegen Sodbrennen (Antazida) oder Multivitamin-Präparaten enthalten. Sie können jedoch einige Antibiotika wirkungslos machen.

Wirkung. „Dahinter steckt eine einfache chemische Reaktion“, sagen die Apotheker. Die Mikronährstoffe binden sich an das Antibiotikum und es ist wertlos: Es wird im Körper nicht aufgenommen, sondern ohne Wirkung wieder ausgeschieden.

Alternative. Bei dieser Kombination ist es ausreichend, einen Abstand zwischen den Einnahmen einzuhalten: Liegen zwei bis vier Stunden zwischen Antibiotikum und dem kalzium- oder magnesiumhaltigen Präparat, bleibt die Wirkung erhalten.

Vorsicht bei Goji-Beeren
Vorsicht bei Goji-Beeren © (c) Natalia Klenova - Fotolia (Natalia Klenova)

5. Goji-Beere und Blutverdünner

Die Goji-Beere ist ein sogenanntes „novel food“: Die Frucht ist Teil der chinesischen Küche und Medizin, in Europa wird sie erst seit Kurzem konsumiert, dafür in großen Mengen, da die Beere als „Super-Lebensmittel“ beworben wird. Die Goji-Beere interagiert aber mit Blutverdünnern – eine Nebenwirkung, die sehr gefährlich, aber kaum bekannt ist!

Wirkung. Die Goji-Beere verstärkt die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten, damit steigt das Risiko für Blutungen an.

Alternative. „Bei Naturprodukten weiß man nie genau, wie hoch die Konzentration der Inhaltsstoffe ist“, sagen die Apotheker. Daher könne man auch keine „unbedenkliche“ Menge Goji-Beeren empfehlen. „Wenn man Blutverdünner nimmt, sollte man ganz auf Goji-Beeren verzichten“, raten Labut und Hartl.