Es ist das neueste „Baby“ aus Googles Zukunftslabor X: Ein Armband, das Krebszellen oder Anzeichen für Parkinson erkennen und in weiterer Folge auch zerstören können soll. Dafür hat der Suchmaschinen-Riese nun ein Patent angemeldet. Funktionieren soll das mithilfe eines magnetischen Feldes, das krankhaft veränderte Zellen bzw. Zellteile im Blut erkennt.
Als Vermittler zwischen Zellen und Armband werden Nanopartikel gehandelt: Sie sollen von Patienten aufgenommen werden, sich dann an die krankhaften Zellen im Blut – zum Beispiel Krebszellen – anheften und dem Armband „kommunizieren“, dass diese Zellen gefunden wurden. Das Armband soll dabei nicht nur auf Krebs abzielen:Auch andere Krankmacher wie zum Beispiel jene Proteine, die für die Parkinson-Krankheit verantwortlich sind, sollen aufgespürt und in der Folge zerstört werden – via Hochfrequenzen, Schallimpulsen oder Infrarotbestrahlung.
"Suche nach Nadel im Heuhaufen"
So weit die Zukunftsvision, die Krebs nicht nur frühzeitig erkennen, sondern auch gleich therapieren soll. Doch wie realistisch ist ein solches Vorhaben? Wir haben den Humangenetiker Michael Speicher von der MedUni Graz um eine Einschätzung gebeten. „Prinzipiell sind Krebszellen im Blut sogar bei weit fortgeschrittener Erkrankung selten“, zeigt Speicher ein erstes Problem auf. Tumorzellen im Blut zu finden sei jedes Mal eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
„Im Frühstadium ist die Zahl der zirkulierenden Zellen noch viel geringer und das Aufspüren damit noch schwieriger“, sagt Speicher. Ein weiteres Problem, das der Experte sieht, ist die Krebszellen überhaupt zu erkennen: „Die Unterscheidung zwischen gesunden und Krebszellen ist alles andere als einfach“, sagt Speicher. Krebszellen können extrem unterschiedlich aussehen – es gebe keine einheitlichen Zellcharakteristika, an denen sich eine Krebszelle zweifelsfrei erkennen lasse. So könne es leicht zu Fehldiagnosen kommen, die dem Armbandträger wiederum fälschlicherweise in die Angst versetzen würden, er hätte Krebs.
Ein Meter pro Sekunde
Nicht genug, dass potenzielle Krebszellen im Blut selten und auch noch schwer zu erkennen sind – sie flitzen mit dem Blutstrom auch noch mit einem Meter pro Sekunde dahin. „Das Armband müsste unter Millionen von Zellen, die mit hoher Geschwindigkeit an ihm vorbei sausen, die Nadel im Heuhaufen entdecken“, sagt Speicher. „Und das obwohl die Stecknadel keine eindeutigen Erkennungsmerkmale hat.“
Experte Speicher beurteilt das Vorhaben also eher skeptisch und sieht vor allem den angegebenen Zeitrahmen von fünf Jahren, in denen ein marktreifes Produkt entstehen soll, als „sehr ambitioniert“. Dennoch: „Diese Forschung ist sehr wichtig und nur weil etwas nach heutigem Kenntnisstand als unmöglich erscheint, muss das ja nicht so bleiben“, sagt Speicher.
Sonja Saurugger