Glück hat Hochkonjunktur, gerade zur Weihnachtszeit. Die Frage, was Kinder glücklich macht, beantworten aber fast immer nur Erwachsene. Sie sind in Ihren wissenschaftlichen Untersuchungen den umgekehrten Weg gegangen und haben mehr als 1000 Kinder selbst gefragt.

Waren die Antworten eine Überraschung, Herr Bucher?
ANTON BUCHER: Auf jeden Fall. Ich habe zum Beispiel zehn Semester Pädagogik studiert und dabei nie etwas von der hohen Glücksrelevanz von Haustieren gehört. Haustiere sind für das Glück der Kinder unglaublich wichtig. Im erziehungswissenschaftlichen Diskurs kommen sie aber überhaupt nicht vor. Mich hat auch überrascht, dass Kinder echte Adaptionskünstler sind, sie können sich an ihre Umgebung relativ schnell anpassen. Für viele, die mit ihrer alleinerziehenden Mutter leben, ist das zum Beispiel die ideale Familie, wenn nur die Mama da ist. Überrascht hat mich irgendwie auch, dass mehr Kinder glücklich als unglücklich sind. Auffällig war aber auch, dass in der Pubertät die Lebenszufriedenheit von Kindern merklich abnimmt - das deckt sich übrigens schön mit Untersuchungen der Lebenszufriedenheit von Eltern: Deren Lebenszufriedenheit nimmt auch ab, wenn ihr erstes Kind in die Pubertät kommt.

Sind Kinder mit dem Begriff Glück nicht überfordert? Wie definieren Sie selbst dieses Wort?
BUCHER: Bei der Studie, die wir durchgeführt haben, haben wir viel mit Gesichtsausdrücken gearbeitet. Wir wissen aus der Glücksforschung und der Entwicklungspsychologie: Lachende Gesichter werden sehr früh verstanden. Wenn man vier bis fünf Monate alten Kindern glücklich lächelnde und neutrale Gesichter zeigt, dann betrachten sie die glücklichen am längsten. Ich habe über den Glücksbegriff in letzter Zeit aber selber viel nachgedacht. Und ich muss sagen: Früher war Glück für mich einfach das Gegenteil von Traurigkeit. Mittlerweile glaube ich allerdings, Glück ist vielmehr das Gegenteil von Depression. Weil der depressive Mensch weder glücklich noch traurig sein kann, und Glück ist ein Kontrastprogramm.

Haben Eltern das Glück ihrer Kinder wirklich in der Hand?
BUCHER: Nur sehr bedingt. Wir können eine Umgebung arrangieren, die eher glücksbegünstigend ist, und wir können sicher auch dazu beitragen, dass unsere Kinder glücklich sind. Aber wenn wir sie direkt glücklich machen wollten, wäre das schon verfehlt. Hinzu kommt - das wissen wir auch aus der Glückspsychologie - dass es Menschen gibt, die eher mit einem glücklichen Naturell geboren werden und andere eher mit einem nachdenklichen, ruhigeren. Wir haben aber auch festgestellt: Stark Introvertierte, die sich lieber in ihr Zimmer zurückziehen und dort basteln oder lesen, sind nicht automatisch weniger glücklich als jene, die leicht neue Freunde finden und dort den Ton angeben.