Es gibt den Brummbären. Und den Kuschelbären. Die beiden sind ein so lustiges Duo, die vierjährige Valentina kriegt sich vor Lachen gar nicht mehr ein. Selbst beim bärigen Zähneputzen wird gekudert, dass man glaubt, das kleine Mädchen fällt jeden Moment von ihrem Stockerl vor dem Waschbecken. Dabei sind die Stofftiere nicht nur Spaßmacher, viel mehr werden die hellbraunen Gefährten als pädagogisches Mittel in der Sehfrühförderung eingesetzt.

Seit fast zwei Jahren besucht Sophie Stolberg die Familie Konrad, einmal pro Woche, dienstags. Ein Fixpunkt für das eingespielte Trio, für Mama Sabine, Papa Toni und für Valentina. Bei ihr ist die Vorfreude immer besonders groß, bei ihrer Freundin Sophie hat das Mädchen Narrenfreiheit. Also fast.

Denn Sehfrühförderung, das heißt, dass blinden oder sehbehinderten Kindern geholfen wird. Trotz ihres Handicaps sollen sie sich zurechtfinden. Es bedeutet, dass mit ihnen schon in sehr, sehr jungen Jahren gearbeitet wird. Am Restsehvermögen, daran, alle anderen Sinne zu fördern und zu schärfen. Die Kinder sollen sich, so gut es eben geht, gleich entwickeln wie ihre normal sehenden Freunde. In der Steiermark gibt es fünf Vereine, die diese pädagogische Frühförderung anbieten, Stolberg arbeitet für das Odilien-Institut in Graz, das heuer sein 30. Jubiläum gefeiert hat.

"Sie ist so natürlich!"

Valentina war neun Monate alt, als ihre Eltern bemerkten, dass sie schielt. Der Arzt hatte einen angsteinflößenden Verdacht, und tatsächlich: Das Baby litt an einem bösartigen Tumor in der Netzhaut, einem Retinoblastom. "Das ist so, als würde dir jemand den Teppich unter den Füßen wegziehen", sagt Mutter Sabine und wird ganz blass, als sie sich erinnert. Es folgte eine Operation, das betroffene Auge - das andere war glücklicherweise gesund - wurde entfernt. "Da fragt man sich, wie man das alles meistern soll." Valentina bekommt schließlich eine Prothese, ein Glasauge. "Man glaubt ja, das Kind ist ab sofort in allem beeinträchtigt, aber das stimmt gar nicht", sagen die Eltern. Sophie Stolberg, die mit Valentina gerade eine Kugelbahn aus Holzbausteinen ausprobiert, nickt eifrig. "Valentina ist ein so natürliches Kind, sie fühlt sich nicht anders. Und sie kompensiert die dritte Dimension halt ganz einfach mit ihrem Verstand." Momente, in denen dann doch auffällt, dass das Mädchen auf nur einem Auge sieht, seien selten.

Noch mehr Bären

In fremden Umgebungen und bei Treppen sei Valentina besonders vorsichtig, daneben greife sie aber so gut wie nie. Positive Folge der Sehfrühförderung. Stolberg setzt bei ihrer Arbeit mit Valentina so gut wie alles ein, wie Lernen wirkt das gar nicht. Da gibt es ein Discolicht, ein blinkendes Colaglas, selbst Kekse backen gehört zur Therapie. "Ich beobachte Valentina. Schaue, ob sie die Gegenstände verfolgt, wie sie reagiert", erklärt die Pädagogin. Brummbär und Kuschelbär sind immer dabei. Die beiden waren es auch, mit deren Hilfe Stolberg das Eis gebrochen hat. Sie hat dem Bärenduo ulkige Stimmen verliehen, Valentina so für sich gewonnen. "Ich hab's so gern, wenn sie lacht! Und sie erfüllt immer alles so meisterhaft!" Deswegen gibt's am Ende auch noch ein paar andere Bärchen für Valentina. Kunterbunte, süße, die die Kleine schwups verschluckt.