Sie setzen sich seit Jahren für das freie Spiel ein. Was meinen Sie eigentlich damit?

Gerald Hüther: Wenn wir über das freie Spielen bei Kindern reden, meinen wir damit das unbekümmerte Ausprobieren – möglichst ohne Beaufsichtigung und Bevormundung durch Erwachsene. Und vorzugsweise in Gemeinschaft von anderen Kindern. Erst dann, wenn Kinder unterwegs sind und sich die Eltern auf eine Bank setzen und die Kinder in Ruhe lassen, dann ist das, was die Kinder tun, auch wirklich spielen.

Wie fördert das Spielen die kindliche Entwicklung?

Spielen hilft, das eigene Potenzial zu entdecken. Deshalb ist es für Eltern interessant, ihren Kindern dabei zuzuschauen und herauszufinden, womit sich das Kind gerne beschäftigt und wo es ein besonderes Geschick hat.

Was macht das mit Kindern, wenn ihnen das freie Spiel verwehrt wird?

Wenn ein Kind frei und unbeschwert spielen darf, ist das ein Zeichen dafür, dass es ihm gut geht. Wenn es einem Kind schlecht geht, spielt es nicht. Das Spiel ist der Bereich im Leben eines Kindes, in dem es der Gestalter seiner eigenen Lernprozesse ist. In allen anderen Lebenslagen bekommt es gesagt, was es zu tun und zu lassen hat. Dann kommt die lange Leier von Belehrungen und Erwartungen. Die Erfahrung, sich selbst nicht mehr als Entdecker dieser Welt erfahren zu dürfen, hat schmerzhafte Auswirkungen. Das Ergebnis: Kinder wehren sich. Im großen Maßstab sieht man, dass Kinder nicht mehr gerne lernen.

Setzt sich für das freie Spiel ein: Hirnforscher Gerald Hüther
Setzt sich für das freie Spiel ein: Hirnforscher Gerald Hüther © KK

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