Können Eltern überhaupt etwas tun, um ihre Kinder vor Übergriffen zu schützen?

Martina Leibovici-Mühlberger: Wichtig ist, das Selbstbewusstsein des Kindes zu stärken. Stärken kann man Kinder, indem man mit ihnen spricht, in ständigen Austausch ist, ihm achtsam zuhöre, Interesse an ihrem Leben und ihrer Entwicklung zeigt, an ihren Sorgen und an ihren Freuden. Dann bemerke ich als Eltern auch, wenn sich mein Kind verändert, sich zurückzieht.

Wie schaffe ich bei einem Kind das Bewusstsein, dass Übergriffe keinen Raum in seinem Leben haben?

Martina Leibovici-Mühlberger: Prinzipiell soll ein Kind wissen, dass es immer „Nein“ sagen darf. Dass es auch zu Menschen, die ihm bekannt sind „Nein“ sagen darf. Dass es sich vertrauensvoll an die Eltern wenden kann. Dass sein Körper ihm gehört und von niemandem berührt werden darf, dem es nicht vertraut. Dass ein Kind seine Grenzen kennt und klar und alters adäquat reagieren kann. Dass es nicht mit fremden Menschen mit geht, nur weil es eine Belohnung bekommt. Dass ein Kind immer um Hilfe bitten darf, am besten die Menschen in der Umgebung. Kinder haben einen natürlichen Instinkt zu erkennen ob Menschen „okay“ sind und ob es ihnen vertrauen darf. Allerdings bedarf es dazu einer intakten im Vertrauen gebildeten Eltern-Kind-Beziehung von klein auf.

Was braucht es, dass Kinder das auch verstehen und umsetzen können?

Ärztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger
Ärztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger © Kleine Zeitung/ Katharina Bruder

Martina Leibovici-Mühlberger: Dazu braucht es eine Erziehung, die
erlebt und gelebt wird. Das heißt: Kinder brauchen Eltern, die verantwortungsvoll erziehen, die ihr Kind, die ihr Kind Grenzen erleben lassen und ihm auch welche aufzeigen.  Die ihr Kind altersadäquat erleben lassen, was ein „NEIN“ bedeutet. Es braucht eine Elternkind  Beziehung die gewachsen ist mit Liebe und Vertrauen, mit Grenzen und Klarheit. Altersadäquat darf ein Kind erleben, wo es seine Grenzen hat, diese austesten und erleben kann, darauf achten kann, dass diese niemand überschreitet. Zu all dem braucht es eine intakte, liebevolle, achtsame und Herzens gebildete Beziehung zwischen Eltern und Kind.