Ungewöhnlich ist es definitiv, aber sehen kann man das auf den ersten Blick nicht. Die Zwillinge Lydia Ann und Timothy sehen aus wie ganz normale Babys. Und eigentlich sind sie das ja auch – nur die Zeitspanne von ihrer Phase als Embryos bis hin zur Geburt war unnatürlich lang. Denn bereits 1992 waren sie Embryos und erst 2022 kamen sie zur Welt. Streng genommen ist ihr 35-jähriger Vater damit nur fünf Jahre älter als seine Kinder: „In gewisser Weise sind sie unsere ältesten Kinder, obwohl sie unsere kleinsten Kinder sind,“ sagte er zum Nachrichtensender CNN.

Der biologische Vater der Zwillinge ist Philip Ridgeway nicht. Die beiden Embryos waren im National Embryo Donation Center in Knoxville, Tennessee bei rund Minus 200 Grad in flüssigem Stickstoff eingefroren. Dieses Zentrum lagert Embryonen, die bei einer künstlichen Befruchtung entstanden sind und von den biologischen Eltern aber nie eingesetzt und geboren wurden. Das ist durchaus nicht unüblich, denn für eine künstliche Befruchtung werden mehrere Eizellen entnommen und befruchtet. Funktioniert der Prozess bei mehreren Eizellen, bleiben befruchtete „übrig“.

Familien, die einen Kinderwunsch haben, können diese Kinder in den USA adoptieren – sprich die Embryonen werden in die Gebärmutter einer Frau, die nicht die biologische Mutter ist, eingesetzt und von dieser dann zur Welt gebracht. Die Geburt dieser beiden Zwillinge hat einen Rekord aufgestellt – noch nie sind Kinder zur Welt gekommen, die im Embryostatus so lange eingefroren waren.

Untersuchungen zeigen, dass es kein einmaliges Ereignis sein dürfte, dass Embryos derart lange eingefroren sein können und dennoch gesund auf die Welt kommen. Entscheidender für ein gesundes Zur-Welt-Kommen nach langer Zeit sei laut Experten vielmehr das Alter jener Frau, welche die Eizelle zuvor gespendet hat, als die Dauer des Einfrierens.

In den USA ist eine Embryoadoption rechtlich möglich. In vielen Staaten ist Embryonen einfrieren, aber aus ethischen Gründen untersagt. In Österreich sind zwar Sperma- und Eizellenspenden erlaubt, Embryoadoption aber nicht. Bleiben bei einer künstlichen Befruchtung Embryos übrig, werden diese für zehn Jahre eingefroren und danach vernichtet.

Die Gesetzeslage rund um künstliche Befruchtung und Ähnliches gestaltet sich in Österreich im internationalen Vergleich eher streng. Hierzulande muss eine Partnerschaft vorliegen, damit eine In-vitro-Fertilisation durchgeführt werden darf. "Das wird sich hoffentlich bald ändern. Derzeit ist es so, dass man als Single-Frau in Österreich keine Kinderwunschbehandlung in Anspruch nehmen darf. Das führt natürlich auch dazu, dass es einen Kinderwunsch-Tourismus gibt – die Frauen fahren etwa nach Deutschland oder Dänemark, um eine solche Behandlung durchführen zu lassen", sagt Martina Kollmann, Gynäkologin am Kinderwunschzentrum des LKH Graz.

Kinderwunschbehandlungen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sind in Österreich erlaubt – man muss, gleich wie bei heterosexuellen Beziehungen, die Beziehung nachweisen, etwa durch Heirat oder eine notarielle Beglaubigung. Es gibt gesetzlich eine vorgeschriebene Altersgrenze für die Eizellenspende. Diese liegt beim vollendeten 45. Lebensjahr.

Und es gibt eine Altersgrenze in Bezug auf die finanzielle Unterstützung bei In-vitro-Fertilisation – das vollendete 40. Lebensjahr der Frau, die schwanger werden möchte, bzw. das vollendete 50. Lebensjahr bei deren Partner bzw. Partnerin. "Medizinisch ist es aber sicher so, dass es auch beispielsweise mit 42 Jahren noch entsprechende Erfolgsraten gibt", sagt die Expertin. Was die Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch sein kann und welche Möglichkeiten man in Österreich hat, können Sie hier nachlesen.