Gleich vorweg: „Auch ein Vater mit Depressionen kann ein guter Vater sein“, sagt Katja Hauck. Die 16-jährige Schülerin muss es wissen. Als die Depression ihres Papas, Uwe Hauck, die ganze Familie auf eine Bewährungsprobe stellt, ist sie 14 Jahre alt. Und trotzdem: Das Schicksal ihres Vaters habe der Jugendlichen gezeigt, dass man selbst aus einer schweren Krankheit gestärkt hervorgehen könne.

Und keiner hat's geahnt

Dass Uwe Hauck an Depressionen leidet, blieb lange unerkannt. Eindeutige Vorzeichen auf die drohende Eskalation gab es keine. Selbst der Familienvater glaubte zunächst, seine ständige Angespanntheit sei lediglich ein Formtief und auf eine Charakterschwäche zurückzuführen. Er sei eben etwas melancholischer als andere, redete er sich ein. Heute weiß er es besser.
Auch Tochter Katja, ihre Geschwister und die Mutter ahnten lange Zeit nichts von den Problemen. Rückblickend erinnert sich Katja aber vor allem an die Teilnahmslosigkeit ihres Vaters. Sie habe oft gespürt, dass ihr Papa nicht da war. „Irgendwie abwesend, in Gedanken ganz woanders“, erzählt sie. Oft habe er gereizt und genervt reagiert. Das habe schon bei kleinen PC-Problemen angefangen. Klappte etwas nicht auf Anhieb, verschwand der Familienvater in einem „emotionalen Tunnel“ und war für nichts und niemanden mehr erreichbar.

Die Unbeholfenheit der Angehörigen

Jeder zweite Österreicher hat einen depressiven Menschen in seinem Umfeld. Das stellte das Meinungsforschungsinstitut „Spectra“ bei einer Umfrage fest. Erkrankt ein Mensch an Depressionen, wissen Angehörige oft nicht, wie sie damit umgehen sollen. „Darüber wird nur leider viel zu wenig gesprochen“, kritisiert Katja Hauck. Über psychische Krankheiten habe sie bis zu dem Suizidversuch ihres Vaters nie nachgedacht. Auch in der Schule wären Depressionen nie ein Thema gewesen. Erst über das Internet fand Katja schließlich Erklärungen.

Können heute wieder lachen: Katja und Uwe Hauck
Können heute wieder lachen: Katja und Uwe Hauck © OLIVIER FAVRE


Sich zu informieren, habe ihr geholfen, sich nicht schuldig zu fühlen. „Es ist erleichternd zu verstehen, dass man keine Mitschuld an der damaligen Situation trägt und vermutlich auch gar nichts hätte dazu beitragen können, um die Lage zu entschärfen“, sagt die Schülerin. Diese Erkenntnis habe sie auch ihren Eltern zu verdanken, die sich von Anfang an um einen offenen Umgang mit dem Thema Depressionen bemühten. Ihre Ängste und Gedanken hielt Katja in Briefen fest. Beistand bekam sie von ihrem Vater, der ihr ausführlich antwortete.

Depression: Viele Vorurteile über Betroffene

Das Buch: Lieber Papa, bist du jetzt verrückt? – Mein Vater, seine Depression und ich.
Das Buch: Lieber Papa, bist du jetzt verrückt? – Mein Vater, seine Depression und ich. © Bastei Lübbe