Sie präsentieren das Wetter seit 1995. Wie hat es sich in dieser Zeit verändert?
Christa Kummer: Das Wetter hat sich verändert, aber auch unser Blick darauf. Es hat eine Art mediale Hysterie Einzug gehalten. Es klingt komisch, wenn ich das sage, aber früher durfte ein Gewitter noch ein Gewitter sein. Heute sind wir alle Paparazzi. Dadurch richten wir den Fokus auf diese Ereignisse. Wenn man klimahistorisch zurückgeht, sieht man, dass es beispielsweise schon 1916 einen folgenschweren Tornado in Wiener Neustadt gab. Wenn es wie im Vorjahr einen an der niederösterreichisch-tschechischen Grenze gibt, dann wird gefragt, ob das jetzt der Klimawandel ist. Oft darf es auch ein Einzelereignis sein.

Sie moderieren am Dienstag ein "Universum Spezial" zur Klimakrise: Wann denken Sie sich – das ist jetzt aber ein Zeichen des Klimawandels?
Ich bin Naturwissenschaftlerin, für mich ist die ganze Erde ein Prozess des Klimawandels. Aktuell spüren wir jedoch die Veränderungen ganz deutlich. Wir spüren die Folgen menschlichen Handelns, die Ausbeutung und Zerstörung unserer Erde. Auch die Tatsache der Überbevölkerung wird uns vor große Herausforderungen stellen. Doch Wissenschaft und Forschung zeigen uns bereits Wege, neue Formen der Lebensgestaltung anzunehmen. Wir müssen es nur wollen.



Das Wetter ist Smalltalk-Thema und Zankapfel. Wie wichtig ist es wirklich?
Unglaublich wichtig! Es begleitet uns täglich, es ist ein Wirtschaftsfaktor, vom Wetter hängt unsere Nahrungsmittelproduktion ab, unsere Felder, unsere Wälder, unser gesamtes Leben! Deswegen ist es traurig, dass wir zum Teil in einer urbanen Spaßgesellschaft leben. Ich habe vor Kurzem gepostet: "Bei mir regnet es, bei euch auch?" Dann kommt zurück – "Gott sei Dank nicht!" Der Städter will Sonne und chillen, weil die Lebensmittel gibt es ja eh im Supermarkt. Für die Spaßgesellschaft regnet es am besten in der Nacht und wenn sie aufwacht, scheint die Sonne. Der Mensch, der am Land lebt, hat mehr Bezug zur Natur. Wir wollen uns alles so zurechtschnitzen, dass es in unser Leben hineinpasst. Auch die Natur – und dann wundern wir uns, wenn sie zurückschlägt.

Bei der Wetterfühligkeit scheiden sich auch die Geister – wie sehen Sie das?
Wetterfühligkeit ist keine Krankheit, aber der menschliche Körper reagiert auf Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Wind, UV-Strahlung und vieles mehr. Diese meteorologischen Faktoren haben Einfluss auf unser körperliches Wohlbefinden, das ist wissenschaftlich belegt.

Wie wird sich das in Zukunft entwickeln? Stichwort Hitze.
Wir verzeichnen schon sehr viele mit Hitze assoziierte Todesfälle. Das sind in den meisten Fällen Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Herzschwäche. Auch Allergien werden in hohem Maße zunehmen. Vor allem beim Ragweed. Folglich haben wir auch mehr Asthmatiker zu erwarten. Dann wären da noch die Krankheiten, die von Insekten aus tropischen Ländern übertragen werden können, die sich in unseren Breiten immer wohler fühlen.



Ein Blick zurück: Sie haben als erste Frau im ORF das Wetter präsentiert. Wie ist es Ihnen ergangen?
Die Wetterredaktion war rein männlich und sie haben sich viele Jahre gewehrt, eine Frau hineinzulassen. Die Herren waren eine Institution, da gab es Bernhard Kletter, Herbert Kartas und Carl-Michael Belcredi. Und plötzlich steht da eine Frau – der Aufschrei war groß. Außerdem wurde plötzlich Mode zum Thema. Im ersten Jahr hatten wir zehn Modeberaterinnen. Bernhard Kletter ist ein Jahr mit demselben bordeauxroten Sakko am Schirm gestanden und es ist keinem aufgefallen, aber plötzlich steht da eine Frau und alles dreht sich um Äußerlichkeiten. Ich hätte sagen können: Morgen regnet es lauter Tausender am Stephansplatz. Es hätte keinen interessiert, aber jeder hätte gewusst, was ich anhabe.

Hat sich das gebessert?
Nein. Jetzt sind Christa Kummer und Schuhe nicht mehr auseinanderzudividieren (lacht).

Wenn Sie Feedback bekommen, wie viel Prozent beziehen sich auf die Prognosen?
Ein bis zwei Prozent beziehen sich aufs Wetter. Es kommen viel mehr Mails herein, wo gefragt wird: Von wem ist das Kleid? Woher sind die Schuhe?

Wie gehen Sie damit um?
Nach 27 Jahren hat man sich daran gewöhnt. Es geht ums Wetter, aber auch darum, wie man ausschaut. Das Wetter ist eine Nebensache, die für mich aber immer Hauptsache bleiben wird.