Manchmal werden neue Routen am Berg hinter vorgehaltener Hand weiter erzählt. Als wären sie geheimes Wissen, das man hüten muss, damit nicht ein anderer den „Stein der Weisen“ findet. Vittorio Messini erfuhr im vergangenen Winter das erste Mal von einer gewaltigen „Iceline“ am Sass Pordoi in den Dolomiten: Bergführerkollege Isidor Poppeler schwärmte von einer nahezu unglaublichen Eiswand an der Westwand dieses 2950 Meter hohen Berges.

Als der gebürtige Italiener Messini, der seit seiner frühesten Kindheit in Osttirol lebt, mit Alpinist Simon Gietl in die Dolomiten aufbrach, war die Vorfreude groß. Am Fuß des Berges angelangt, verschlug es Ihnen den Atem: Über Fels und Eis stiegen die beiden im Dezember vorigen Jahres in die Route ein. Nach einem Biwak in der Wand gelangten sie am 17. Dezember endlich zum Eisfall: Ein so ausgesetztes und gewaltiges Eisgebilde hatten die beiden in den Alpen noch nie gesehen. Als sie 600 Meter später wieder ausstiegen, lag „Pandora“ hinter ihnen: „Der Name ist deshalb entstanden, weil er etwas Gewaltiges beschreiben sollte. Das war ein Abenteuer, Neuland“, sagt Messini. Und fügt hinzu: „Neuland ist das, was nicht einfach zu finden ist.“ Dieses Tun grenzt sich klar von seinem Brotberuf als Bergführer ab, wo er mit Kunden stets bekanntes Terrain betritt.