In Italiens Klassenzimmern wird dringend eine bessere Luftqualität benötigt. Das verdeutlichen die Ergebnisse des Forschungsprojekts “Der Wandel liegt in der Luft“, in dessen Rahmen seit Juli 2019 Qualitätsmessungen in Schulgebäuden vorgenommen wurden. Initiatoren der Studie, die nun im Juni 2020 abgeschlossen wurde, sind die Freie Universität Bozen sowie Agorà, ein Unternehmen, das sich unter anderem der Weiterbildung im Bereich Nachhaltigkeit im Bauwesen verschrieben hat.

Forschende und Doktoranden der Universitäten von Trient, Padua sowie der Universität IUAV in Venedig führten die Untersuchungen durch. Aktiv eingebunden wurden auch Schülerinnen und Schüler der Provinz Rom. In Zeiten von Covid-19 erhalten die Ergebnisse des Forschungsprojekts eine neue Relevanz. Bereits vor Ausbruch der Pandemie gab die Luftqualität in vielen Schulen Anlass zur Sorge. Das gilt erst recht, wenn ab September wieder acht Millionen Schüler in Italiens Klassenzimmer zurückkehren und strenge Abstandsregeln einzuhalten sind sowie für eine ständige Desinfektion zu sorgen ist.

Die Ergebnisse der Studie

Im Rahmen des Projekts wurden 90 (immer noch aktive) Sensoren in fünf Klassenzimmern und 20 Räumen der Oberschule Hack installiert. Diese ermöglichen eine kontinuierliche Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-Konzentration und Beleuchtungsstärke. Die daraus gewonnenen Daten wurden in Beziehung mit dem Verhalten der Schüler gesetzt. Sie führten zusätzlich Buch über alle Handlungen - etwa das Öffnen und Schließen von Türen und Fenstern, die Benutzung von Computern oder das Ein- und Ausschalten von Lichtern und gaben die jeweiligen Gründe dafür an.

Das Ergebnis der Messungen zeigt, dass der Grenzwert für die empfohlene CO2-Höchstbelastung (900 ppm) in 75 Prozent der Zeit überschritten wurde. Die minimal empfohlene Zufuhr von Frischluft wird gar in 95 Prozent der Unterrichtszeit nicht eingehalten.

Alle Bemühungen die Luftqualität zu verbessern, erwiesen sich laut Experten bislang als unzureichend, teilweise sogar als problematisch, da sie die Luftfeuchtigkeit, den Lärmpegel oder auch den Energieverbrauch im Gebäude negativ beeinflussten. Die quantitative Analyse der erhobenen Messdaten wurde durch die Befragung der Schüler zum Raumkomfort in den Klassenzimmern bestätigt. Nur 43 Prozent der Befragten beurteilte ihn als zufriedenstellend.

Neustart im September

Diese Ergebnisse haben eine besondere Relevanz für den Schulstart im September, der von zahlreichen Corona-Sicherheitsauflagen geprägt sein wird. „Die Vorbeugung einer Ansteckung erfolgt in der Tat durch die Kontrolle der Konzentration und Verteilung der Viruslast, die sich, wenn auch mit einigen Besonderheiten, nicht wesentlich von der vieler anderer Schadstoffe in Innenräumen unterscheidet“, sagt Andrea Gasparella, Professor für Gebäudephysik an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen. „Die richtige Belüftung kann sowohl den CO2-Gehalt begrenzen als auch eine Konzentration der Viruslast in der unmittelbaren Umgebung eindämmen“.

In der aktuellen Vorbereitung des Schul-Neustarts im Herbst sei es deshalb essentiell, die mit den neuen Abstandsanforderungen erreichbaren Luftqualitätsniveaus festzulegen, und zu planen, welche Maßnahmen notwendig sind, um sie zu erreichen. „Das können zum Bespiel häufigeres oder längeres Öffnen von Fenstern und Türen sein, kleinere Gruppengrößen oder eine kürzere Belegung der Klassenräume, die Installation von Belüftungs- oder Filtersystemen und das Festlegen von Parametern sein, die es ermöglichen, die Luftqualität im restlichen Schulgebäude ohne große zusätzliche Kosten zu überwachen, indem aufgrund bestimmter Korrelationen und Prognosealgorithmen eine Warnung ausgelöst wird“, so Gasparella.

Das Forschungsprojekt „Der Wandel liegt in der Luft” wird im kommenden Herbst an der Oberschule Hack sowie an weiteren Schulen fortgesetzt, um die bisherigen Ergebnisse mit weiteren Messungen zu vergleichen, die unter den Bedingungen der Covid-Einschränkungen vorgenommen werden.

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