Die Sehkraft des Erblassers war zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung bereits derart eingeschränkt, dass er den maschinengeschriebenen Text der Verfügung nicht lesen konnte. Die Urkunde wurde von einem Rechtsanwalt verfasst und in Anwesenheit zweier Testamentszeuginnen, die zuvor den Text eingesehen hatten, dem Erblasser von einem Rechtsanwaltsanwärter vorgelesen. Der Erblasser bestätigte mündlich, dass der Text seinem letzten Willen entspreche. Die Zeuginnen und der Rechtsanwaltsanwärter unterfertigten die Urkunde jeweils mit Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft. Der Erblasser unterschrieb die Urkunde nicht.

Streit um die Gültigkeit

Das Testament wurde zum gerichtlichen Streitfall: Das Erstgericht erachtete das Testament für gültig, das Rekursgericht hielt es mangels Unterschrift des Erblassers für ungültig. Der Oberste Gerichtshof bestätigte nun die Rechtsansicht des Rekursgerichts. Er stellte klar, dass die Formgültigkeit des Testamentseiner leseunfähigen Person nicht nur die Einhaltung der Sondervorschriften für Leseunfähige, sondern auch der allgemeinen Vorschriften für fremdhändige Testamente erfordert. Es bedarf daher der Unterschrift des leseunfähigen Erblassers, durch die auch der Gefahr eines nachträglichen Unterschiebens eines Testaments entgegengewirkt wird. Andernfalls läge bloß eine mündliche Erklärung des Erblassers vor, die für die Errichtung eines gültigen Testaments – abgesehen von einem „Nottestament“– nicht ausreicht.