Es waren Verletzungen durch Pfeile, Blutvergiftungen nach Kampfhandlungen oder Infektionen, bei denen die Heilkraft des Roten Sonnenhuts oder Echinacea purpurea zunächst zum Einsatz kam – als Heilkraut der nordamerikanischen Indianer, wie Rudolf Bauer erklärt.

Als Experte für Pharmakognosie erforscht er an der Universität Graz die Wirkweise von Heilpflanzen und hat sich in seiner Forscherkarriere intensiv mit Echinacea beschäftigt. Doch zurück zu den Ursprüngen: Weiße Siedler beobachteten den Einsatz von Echinacea bei der indigenen Bevölkerung Nordamerikas und begannen, selbst Tinkturen aus der Pflanze herzustellen – den Sprung auf den europäischen Kontinent schafft der Sonnenhut aber erst im 20. Jahrhundert.

Vermarktung als Heilmittel

Hier begann dann die Vermarktung als pflanzliches Heilmittel – einer der Wegbereiter war der Schweizer Heilpraktiker Alfred Vogel, der im Jahr 1953 nach Süddakota reiste und dort von Häuptling Ben Black Elk selbst nicht nur über die Wirkweisen der Heilpflanze unterrichtet wurde, sondern sogar Samen geschenkt bekam, die er dann im Klima des Schweizer Engadins kultivierte – das besagt die Legende.

Wurden zunächst die Wurzeln der Pflanze aus den USA importiert, ging man später dazu über, die Pflanze selbst zu kultivieren – „das geschieht heute auf der ganzen Welt“, sagt Bauer. Doch die Einsatzgebiete haben sich verändert: Pfeilverletzungen sind selten geworden, heute sind es Erkältungserkrankungen, die das Immunsystem fordern und bei denen Echinacea zum Einsatz kommt. Aber: Wie gut ist die Wirkung gegen Erkältungen überhaupt belegt?

Das Immunsystem stimulieren

„Wir unterscheiden zwischen Wirkung und Wirksamkeit“, sagt Bauer. Um die Wirkung bzw. Wirkweise zu erforschen, müssten die Inhaltsstoffe charakterisiert werden – dabei stechen die Alkamide hervor. Diese docken an Immunzellen im Körper an und können so das Immunsystem stimulieren. „Wir konnten in Untersuchungen zeigen, dass schon zehn Minuten, nachdem man eine Echinacea-Tinktur einnimmt, diese Wirkstoffe im Blut nachweisbar sind“, sagt Bauer.

Die Wirkungsweise sei laut Bauer somit bekannt: Er vergleicht diese mit einem Auto, das nicht anspringen will und das daher angeschoben werden muss. „Ist unser Immunsystem geschwächt, kann ihm Echinacea den notwendigen Anschub geben“, sagt Bauer. Wie sieht es aber mit der Wirksamkeit aus? Laut Bauer mache es einen Unterschied, welche Arten der Pflanze und welche Teile für die Arzneimittel verwendet werden.

Krankheitsdauer verkürzen?

„Es gibt viele unterschiedliche Präparate, die auch über unterschiedliche Verfahren hergestellt werden“, sagt Bauer – eine allumfassende Beurteilung sei daher schwierig. Zu diesem Schluss kommt auch eine Übersichtsarbeit des Cochrane-Instituts, an der er beteiligt war: Zwar würden Studien darauf hindeuten, dass Echinacea-Mittel die Krankheitsdauer verkürzen könnten – aufgrund der vielen verschiedenen Präparate und Zubereitungen könne man keine eindeutige Schlussfolgerung ziehen.

Bauer ist jedoch überzeugt: „Haben Menschen ein geschwächtes Immunsystem, weil sie zu wenig schlafen oder unter Stress stehen, kann es sinnvoll sein, das Immunsystem zu stimulieren.“ Eine aktuelle Studie aus der Schweiz zeigt: Echinacea kann Infekte der Atemwege und damit verbundene Komplikationen bei Kindern deutlich vermindern.

Verglichen wurde dabei die Wirkung von Echinacea mit jener von Vitamin C: Die Kinder aus der Echinacea-Gruppe hatten um 32 Prozent weniger Episoden mit Schnupfen und Erkältung und brauchten deutlich seltener Antibiotika, um Begleiterkrankungen wie Lungen- oder Mittelohrentzündungen zu behandeln.

Laut Bauer sei der richtige Zeitpunkt, um Echinacea einzusetzen, dann, wenn man spürt: Da kommt irgendwas. „Dann ist es möglich, die Erkältung noch abzufangen.“ In der Erkältungsprophylaxe habe der Rote Sonnenhut ein Alleinstellungsmerkmal – „kein anderes vergleichbares pflanzliches Heilmittel ist so gut untersucht“, sagt Bauer.