Als er im Jänner 2013 bei einer Wohnungsrenovierung irrtümlich eine Gasleitung anbohrte, erlitt der damals 59-jährige Mann durch das ausströmende Gas weder eine Sauerstoffuntersversorgung noch eine organische Schädigung, kam aber durch die drohende Explosionsgefahr und die Notwendigkeit, schnellstmöglich Hilfe zu holen, derartig unter Stress, dass er mit einem Schlaganfall zusammenbrach. Seither ist er zu 100 Prozent dauernd invalid.

Es ging um 601.000 Euro

Zum Unfallzeitpunkt war der Mann privat unfallversichert: mit einer Leistung von 600.000 Euro für eine dauernde Invalidität ab 91 Prozent sowie einer Rehabilitationspauschale von 1000 Euro. Auf diese Summe erhob er nach dem Unglück Anspruch. Die Versicherung bestritt allerdings das Vorliegen eines Unfalls sowie eines adäquat kausalen Zusammenhangs zwischen den neurologischen Folgen und dem Anbohren der Gasleitung. Das entwichene Gas sei nicht toxisch und habe keine direkte biologische Giftwirkung. Der Rechtsstreit ging zunächst über zwei Instanzen zu Gunsten des kranken Mannes aus – bis schließlich der Oberste Gerichtshof das letzte Wort hatte und zum Schluss kam, dass die Versicherung nicht zahlen muss, weil kein „Unfall“ gemäß den maßgeblichen „Klipp-und-Klar-Bedingungen für die Unfallversicherung 2010“ vorliege.

Was ein Unfall ist

Ein „Unfall“ ist demnach ein plötzlich von außen auf den Körper der versicherten Person einwirkendes Ereignis, wodurch diese unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet; ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis liegt vor, wenn Kräfte auf den Körper einwirken, die außerhalb des Einflussbereichs des eigenen Körpers liegen. Werden äußere Ereignisse von der versicherten Person bloß sinnlich wahrgenommen, ohne dass jene sie unmittelbar körperlich beeinträchtigen, dann liegt kein Unfall vor, auch wenn dieses äußerlich bleibende Geschehen bei der versicherten Person innerkörperliche psychische Reaktionen (Stress- und Alarmreaktionen) auslöst, welche dann zu körperlichen organischen Schädigungen führen. Die Gefahren einer krankhafte Folgen auslösenden innerkörperlichen Stress- und Angstreaktion auf eine äußerlich bleibende (und sich auch nicht verwirklichende) Bedrohung der körperlichen Integrität sind in der Unfallversicherung nicht gedeckt.

Ursache und Folgen  

Der für Versicherungsvertragsrecht zuständige Fachsenat hielt an seiner Rechtsprechung zu vergleichbaren Bedingungen fest, dass der Unfallbegriff grundsätzlich eine zumindest geringfügige Verletzung bzw. eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Versicherten voraussetzt. Der Gasaustritt selbst hatte aber keine körperlichen Auswirkungen auf den Kläger. Die Prozesskosten über drei Instanzen, die nun der Kläger zu tragen hat:  76.986,14 Euro.