Für die eine war es bald klar, in welche Richtung es geht. Eva Walkner wuchs, wie sie sagt, „nicht so wohlbehütet“ auf, sie genoss mit ihrem Bruder Matthias, der im Vorjahr als erster Österreicher die berühmte Dakar-Rallye mit dem Motorrad gewann, die freie Natur. Meist auf Ski – mit dem Ziel, die Beste der Welt zu werden. Irgendwann Rennen zu gewinnen, bei Olympia ganz oben zu stehen. Die andere, Jackie Paaso, wurde vom Vater in die Welt des Skisports eingeführt und hatte ebenso als Kind schon einen Traum: Olympiasiegerin zu sein, auf der Buckelpiste. Es war derselbe Traum – mit demselben Ende: Scheitern. Denn beide mussten sich eingestehen, dass ihr Traum geplatzt war – Verletzungen verhinderten den Weg zur absoluten Weltspitze.

Eva Walkner (links) und Jackie Paaso
Eva Walkner (links) und Jackie Paaso © EOD/Kutlinski/KK

„Das“, sagt Eva Walkner, „war ein wesentlicher Teil unseres Lebens. Das Scheitern nach Verletzungen. Aber auch das Aufstehen. Man richtet sich die Krone und macht weiter. Das geht jedem so“, erzählt Walkner. Sie weiß, wovon sie spricht. Vier Jahre hatte sie jede Freude am Skisport verloren, bis sie das erste Mal mit Freeski in Kontakt kam, dem Skisport abseits der Piste. Einem Sport, in dem sie zu den absoluten Pionierinnen zählt – wie auch Jackie Paaso.

Die 39-Jährige matchte sich mit ihrer um drei Jahre jüngeren Konkurrentin lange Jahre in der WM. Eine gesunde Konkurrenz, in der Walkner vor allem eines feststellte: „Es gibt nur wenige Frauen in unserem Sport. Und die, die wirklich gut sind und den Sport pushen, die kannst du an einer Hand abzählen“, erklärt die Salzburgerin. Ihre Begründung: „Es gibt viele, die sich mit weniger begnügen, die sich nicht weiterentwickeln wollen. Deshalb ist in vielerlei Hinsicht noch Luft nach oben.“ Aber dort, wo Luft nach oben ist, ist auch Walkner. Grenzen auszuloten, zu verschieben, das war immer ihre Intention. Und irgendwann waren ihr auch das bewerbsmäßige Hinabstürzen über verschneite Tiefschneehänge und Sprünge über Felsklippen nicht mehr genug. „Ich habe mich mehr aufs Mountaineering verlegt, da kommt dann auch die Frage dazu, wie man auf den Berg hinaufkommt.“

Mit Paaso fand sie dafür eine ausgezeichnete Partnerin – und auch ein ambitioniertes Projekt: Das Duo wollte den Eiger besteigen und dann auch mit Ski abfahren. Nicht die berüchtigte Nord-, aber doch die nicht weniger steile Westwand. Und all das, der Kampf mit sich, mit dem Berg – all das wollten sie in einem Film verewigen.

„Es ist“, sagt Walkner, „die persönliche Weiterentwicklung, Dinge zu schaffen, die man sich vorher nicht zugetraut hat. Das ist für alle im Leben gleich. Natürlich habe ich auch manchmal Angst bei den Sachen, die ich mache – und ich frage mich, warum tue ich das eigentlich?“ Und doch macht sie es meist – und schafft es auch. So wie etwa das Skifahren im Iran vor einem halben Jahrzehnt. Zu einem Zeitpunkt, als das auch für Männer kein leichtes Unterfangen war. Oder der Ausflug mit Ski auf den Olymp in Griechenland. „Da“, erzählt sie, „hat man mir dann schon gesagt, dass vor mir noch niemand die Stefani-Rinne vom Thron des Zeus gefahren ist. Aber in der Zwischenzeit ist das auch populär, fast so wie Skifahren im Iran.“

"Kein Film, der für einen Frauen-Film eh ganz gut ist"

So entstand auch der Wunsch, einen Film zu machen. „Einen, bei dem es dann nicht heißt, dass er für einen Frauen-Film ‚eh ganz gut‘ war“, sagt sie. Einen, in dem Frauen die Hauptrolle einnehmen (und nicht nur das), ohne dass es eben ein Frauen-Film ist. „Jackie und mir war wichtig, einen Film zu machen, der gut ist – ohne aufs Geschlecht zu schauen.“
Geworden ist es ein Film, der die Rückschläge zweier Frauen zeigt, die sich von ihrem größten – und lange Zeit einzigen – Traum verabschieden mussten und schließlich doch noch ihre Erfüllung finden. „Der Moment“, sagt Paaso, „in dem ich auf dem Eiger oben war, kurz bevor es in die Abfahrt ging, war der Moment, in dem ich endgültig damit abgeschlossen hatte, dass ich keine Goldmedaille bei Olympia gewonnen habe.“

Es ist ein Film, wie Walkner erklärt, der „nichts Heroisches“ hat wie manche mit weit mehr Budget ausgestatteten Produktionen von Medienhäusern. Es ist ein Film, der Authentizität ausstrahlt. Einer, der eine Geschichte erzählt, wie Walkner betont. Ohne dabei „die Ski-Action“ zu vergessen. Und ein Film, der beim Mountainfilm-Festival in Graz angenommen wurde. „Allein das“, sagt Walkner, „ist eine Auszeichnung.“

Die größte Auszeichnung ist aber wohl, dass Walkner ihre Träume neu geordnet, die alten abgehakt und die neuen erfüllt hat. „Als Skifahrerin hätte ich mit einer Medaille vielleicht mehr Geld, mehr Bekanntheit. Aber so habe ich Spaß und Erfüllung. Ich kann mir neue Ziele stecken, die ich auch erreiche. Und darum geht es ja.“