Bei der Amtmann am Kranachberg lachen schon die Zaunlatten, und sie haben allen Grund dazu. Wer durch das Gartentor tritt, den empfängt ein Summen und Brummen, ein Schwirren und Flattern – ein Naturgarten, wie er im Bilderbuch steht. Segelfalter und Schwalbenschwanz sind hier keine Seltenheit. „Man muss nur das Angebot schaffen, und bald ist alles da“, deutet Franziska Skoff auf das Gewurrl.  Schon ihre Mutter hatte einen großen und schönen Garten, so bekam die Tochter die Pflanzenkunde quasi im Vorbeigehen verabreicht. Naheliegend, dass sich irgendwann der Wunsch nach dem eigenen Refugium einstellte. „Dass es so groß ausfällt, ist passiert“, gesteht die Südsteirerin lächelnd.

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Auf der Suche nach einem geeigneten Platzerl kam der Schwiegertochter vom nahen Weingut (ihr Mann ist dort Kellermeister) vor knapp zehn Jahren die Verlassenschaft der Frau Amtmann zurecht. Freilich, es brauchte viel Fantasie bei dem verwilderten und verfallenen Anwesen, wo Brennnessel und Brombeeren die Dirigentschaft übernommen hatten.
Das neue Haus wurde 2011 mitten in den künftigen Garten hineingesetzt, es entstand um eine alte, andernorts abgetragene Veranda herum. Bei der Gartenplanung half Schwester Ursula, eine Agrarpädagogin. „Mein Garten soll Hobby und Beruf auf einen Nenner bringen, Besucher anlocken und dem Genussladen Kundschaft bescheren“, nahm sich die Absolventin der HTL Mödling und später im Sozialbereich tätige vierfache Mutter vor.

Auf dem heißen Hang wurden Kleinklimazonen geschaffen. Das Kraterbeet mit Steinen vom alten Haus gilt als Herzstück, in dem wärmeliebende, mediterrane Pflanzen kuscheln und selbst die Winter überstehen. Der Mönchspfeffer wuchert, der Granatapfelbaum friert zwar zuweilen ein wenig zurück, treibt aber immer wieder kräftig durch. Und die Goldmelisse Violetta setzt dem allen eine zartlila Krone auf.
Bei den 60 verschiedenen Minzen wird es in dem bodenständigen Naturgarten international: argentinische, chinesische, russische, marokkanische wachsen und duften – zwecks Sortenreinheit fein abgetrennt durch Eisenummantelung – in den Himmel. Die Abteilungen Klosterkräuter und Küchenkräuter sowie ein kleines eingezäuntes Giftgärtlein mit Aronstab, Nieswurz oder Eisenhut ergänzen das Amtmann-Reich.

Hier geht es auch tierisch zu: Die Enten fühlen sich als Schneckenjäger wohl. Seit eine von ihnen ein Hühnerei ausgebrütet hat, hält sich der kleine Hahn für ein schwimmendes Federtier und steht tapfer im seichten Wasser. Und die kleine Miezekatze hat herausgefunden, wie sie dem Frauerl bei Führungen die Schau stehlen kann.  Umrahmt wird das Paradies von einem Wildobstgürtel, in dem Mispel, Aronia, Maulbeeren, Dirndl, Felsenbirne, Eberesche und mehr um Aufmerksamkeit heischen und allesamt im Topf landen.  Tatsächlich gelang es der Hausherrin, mit Lavendel, Wildobst, Rosen und Kräutern einen duftenden Nischenplatz zu besetzen.

Die Vorbesitzerin wurde zur Namensgeberin für das Projekt Naturgarten, Genussladen und Hofcafé. Die alte Frau, stets mit Kopftuch unterwegs, war radelnd in und um Gamlitz anzutreffen, den Drahtesel allzeit schwer bepackt. „Ein bisserl wunderlich war sie schon und zuweilen ein wenig zwider“, erzählt man sich. Auch verständlich, musste sie sich doch ein Leben lang plagen, um durchzukommen. Posthum hat sie es geschafft, die radelnde, alte Amtmann prangt als Markenzeichen auf allem Gedruckten, ziert Logos und Etiketten. Man wollte der Vorgängerin auf diese Weise ein kleines Denkmal setzen, klärt die Südsteirerin auf.

Auch die Fahrräder der einstigen Kranachberger Institution sind im Naturgarten geparkt. Mehrere, denn die Amtmann gehörte noch zu jener Generation, die nichts wegwarf. Skoff hat sich längst daran gewöhnt, dass man sie mit Amtmann anspricht. Und ein bisserl von der Sammelleidenschaft ging offenbar auf sie über. Das einstige hölzerne Herzerl-Klo versieht nun als Geräteschuppen seine Dienste.