Vor 25 Jahren hat der Begriff „Vielfalt“ noch ordentlich hausbacken geklungen, aber da war man beim heimischen Verein Arche Noah schon längst alarmiert: Die globale Agrarindustrie mit ihrer Spezialisierung auf bestimmte Sorten, verdrängt zusehends alte, regionale Kulturpflanzen. Und die Zahlen sind alarmierend: Allein in den letzten 100 Jahren sind in den USA 91 Prozent der Maissorten und 81 Prozent der Tomatensorten verschwunden. Die Liste könnte man ewig fortsetzen. Bereits in den 80er Jahren hat man im niederösterreichischen Schiltern mit der ersten Gegenmaßnahme begonnen – heute zählt das Archiv die Samen von nicht weniger als 6000 gefährdeten Kulturpflanzen. Tendenz steigend.

Die Samen von über 6000 Kulturpflanzen lagern im Samenarchiv der Arche Noah
Die Samen von über 6000 Kulturpflanzen lagern im Samenarchiv der Arche Noah © Arche Noah

„Die Samen werden bei uns aufgenommen, versorgt und es wird regelmäßig geschaut, dass sie am Leben bleiben. Die Samen nur ins Archiv zu stellen wäre zu wenig, da die Keimfähigkeit über die Jahre nachlässt. Man muss die Pflanzen also immer wieder ansäen und auf die Sortenreinheit achten“, erläutert Maria Hagmann von der Arche Noah das Prozedere. Rund 150 Helfer fungieren als eine Art Pflanzenpaten, als Erhalter. Sie ziehen die Pflanzen groß, die unter anderem bei den regionalen Pflanzenraritätenmärkten (Termine, siehe Faktenbox) verkauft werden.

Nicht umsonst wurde der traditionelle Samenanbau und die Saatgutgewinnung im Jahr 2014 von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Denn wer dieses Wissen und die Praxis beherrscht, holt sich ein großes Stück Unabhängigkeit zurück.
Es war nicht zuletzt die umstrittene und später gekippte EU-Saatgutverordnung, die das Interesse einer größeren Öffentlichkeit geweckt hat. Der Boom der alten Sorten zeigt sich nicht zuletzt am großen Andrang bei den Märkten.

Was darf man heuer erwarten? Eine Vielfalt, die Maria Hagmann zuerst zum Stöhnen bringt. Wo anfangen? Vom schärfsten Chili der Welt bis zur Physalis „Schönbrunner Gold“ ist alles dabei. Oder wie wäre es mit Blattamaranth oder vielleicht doch mehrfärbiger Mangold? Wer die Wahl hat, hat die Qual, irgendeine Nebenwirkung braucht eben auch die Vielfalt.