Hier sitzen wir also, im Wirtshaus eines der renommiertesten Weingüter Österreichs. Dass der Rebensaft eine prominente Rolle spielt, ist natürlich erwartbar. Und doch: Bekommt man im Sattlerhof die Weinkarte biblischen Ausmaßes in die Hände gedrückt, ist man überwältigt. Eine unglaubliche Vielzahl an Jahrgängen der besten Tropfen dieses Weinguts findet man da, und auch allerhand Beeindruckendes aus Frankreich, Italien, Deutschland oder Slowenien. Vor allem gibt’s hier aber auch verdammt gutes Essen. Die besten Schafskäseknödel weit und breit beispielsweise. Oder eine Hühnerleberknödelsuppe zum Niederknien. Und das alles in einer Atmosphäre, die altehrwürdige Familiengeschichte mit ordentlich frischem Wind verbindet.

Hühnerleberknödelsuppe
Hühnerleberknödelsuppe © Lucas Palm

Weil: Hier hat nun die neue Generation übernommen. Markus Sattler steht seit dem Frühjahr letzten Jahres hinter dem Herd und führt das kulinarische Vermächtnis seines Vaters Hannes weiter. Mit neuen, beeindruckenden Akzenten, die seine Lehr- und Wanderjahre in einigen der besten Häuser Skandinaviens widerspiegeln. Das sieht und schmeckt man schon bei der originellen Vorspeise (14,50 Euro): Das Spitzkraut, das aufwendig gegart und gebraten wurde, ist butterweich und beeindruckt mit ausbalancierten Röstaromen. Hauchdünne Lardoblätter liegen darüber, wie ein Leintuch spannen sie sich über das Krautbett. Die eingelegten Bärlauchkapern hat Sattler unweit von hier selbst gesammelt, sie geben dem Ganzen einen knackigen Säurekick.

Spitzkraut-Lardo
Spitzkraut-Lardo © Lucas Palm

Dann die Hühnerleberknödelsuppe (6,50 Euro): Die klare Suppe ist eine feinst abgeschmeckte, glasklare Umami-Essenz. Die vier kleinen Knödel darin sind bissfest, saftig, fleischig, kurz: ein Wunderding an Textur. Überhaupt, Markus Sattler hat ein Händchen für Knödel: Die Grammelknödel (16,40 Euro für vier große!) mit Krautgulasch sind das Lehrbeispiel eines gelungenen Kartoffelteigs. Die Grammeln darin sind von erster Güte, ihr Geschmack ist tiefer, intensiver als man es von vielen anderen Häusern kennt. Und weil wir an all diesen Knödeln einen Narren gefressen haben, bestellen wir aus reiner Neugierde noch einen mit Schafskäse (auch hier gibt’s um 16,40 Euro vier Stück): Ein flaumiges Prachtexemplar ist das, mit salzig-säuerlichem Schafskäsekern.

Topfenknödel
Topfenknödel © Lucas Palm

Apropos Schaf: Sehr beliebt ist der Lammleberkäse mit Senfkaviar und Chutney (8,50 Euro). Sattler bereitet ihn aus dem Fleisch der Lämmer zu, die in den biodynamischen Weingärten des Weinguts vor sich hingrasen. Uns gelüstet es jetzt aber nach etwas Vegetarischem. Also bestellen wir noch die Rote Rübe mit Krensauce und Buchweizen (23,50 Euro). Butterweich sind sie, diese zwei geschmeidigen Rote-Rüben-Kugeln, saftig, erdig. Die Buchweizenkerne fügen sich mit leichten Bitternoten wunderbar in das Geschmacksbild ein, sorgen für Knusprigkeit – und schmecken hervorragend mit der großartigen Krensauce mit Bärlauchöl.

Schafskäseknödel
Schafskäseknödel © Lucas Palm

Ein Wirtshausbesuch im Sattlerhof, so viel steht fest, das ist schon eine Klasse für sich. Das liegt auch an der versierten Gastgeberin Anna Sattler, die vor ihrer Rückkehr vor zwei Jahren in den besten Sternerestaurants in London, Macau und Kopenhagen gearbeitet hat. Und an ihrem Mann Thomas Ferrand, gebürtiger Franzose, der das Sattlerhof-Weinrepertoire bereits in- und auswendig kennt. Chapeau!