Was am Theater wird besser, wenn Laien es spielen? Und was verändert sich, wenn diese Laien in ihrem „normalen“ Leben ein Leben haben, das alles andere als „normal“ ist? Es sind Fragen, die sich vor den Text von Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ schieben, wenn dieses „Lehrstück ohne Lehre“ von neun Insassen der Justizanstalt Graz-Karlau gespielt wird. Daniel, Max, Helmut, Mike, Thomas, Karl, Josuaa, Joschi und Sascha haben seit Oktober geprobt, um mit ihrer Zeit im Gefängnis einmal ganz anderes anzufangen.

Man muss den Häftlingen dafür danken, weil sie unter der Anleitung von Theaterpädagogin und Regisseurin Julia Gratzer und Musiker Lother Lässer eine wunderbar klare, überzeugende Aufführung des Klassikers zuwege bringen. Abgesehen davon, dass sich unter ihnen wahre Bühnentalente verborgen haben, sind alle mit einer Aufrichtigkeit und Hingabe bei der Sache, die beeindruckt. Da darf sich nach Frischs Vorgabe wieder das Böse im biederen Haushalt einnisten, da sagt wieder keiner Stopp, wenn es um Zivilcourage ginge und erneut darf man darüber sinnieren, ob eine Gesellschaft, die sich dem Bösen so widerstandslos fügt, überhaupt Wert wäre, erhalten zu werden.

Die Aufführung ist als Stationendrama angelegt, vom Besuchertrakt, in dem sich zwei Memphis-Stühle verirrt haben, und wo der freche Sepp dem biederen Gottlieb gleich einmal die Schneid abkauft geht es in den Haupttrakt des umfunktionierten Schloss Karlau und von da, vorbei an den Zellentrakt in die Anstaltskriche, wo das Finale spielt, bei dem man ja nicht mehr auseinanderhalten kann, was Hölle ist, und was Himmel.

Erstaunlich ist, wie viel Humor die Darsteller und Musiker in das Stück hineinbringen, wie sich die absurde Seite von Frischs Parabel entfalten kann. Bis auf ein paar kleinere Spannungsdurchhänger wird auch mit ausdauernder Konzentration gespielt. Es ist Laientheater, das von Ort und Bühnenpersonal mit zusätzlicher Bedeutung aufgeladen ist, und in dem das Stück sein Recht erhält. Verbrechen lohnt sich bekanntlich nicht, Kunst aber allemal, was diese schöne Aufführungsserie (leider schon ausreserviert) unter Beweis stellt.