Mit der Verfilmung des Günter-Grass-Romans „Blechtrommel“ holte er 1980 den ersten Oscar nach Deutschland: Darüber hinaus gehört Volker Schlöndorff mit mehr als 30 Filmen in knapp 60 Jahren zu den profiliertesten Filmemachern der Bundesrepublik. Der gebürtige Hesse galt dabei stets als uneitel - und sah sich selbst gern in der Rolle des Beobachters der Welt um ihn herum. Am Sonntag wird Schlöndorff 85 Jahre alt.

Neben dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film bescherte die Verfilmung der „Blechtrommel“ dem damals 40-jährigen Schlöndorff 1979 auch die Goldene Palme in Cannes. Gelobt wurde der Film besonders für seine sinnlich-kraftvolle Inszenierung. Unvergessen im Filmgedächtnis bleibt der kleine Trommler Oskar Matzerath, gespielt von David Bennet, der sich weigert zu wachsen und dabei das Leben der Erwachsenen durcheinanderbringt.

Seine Mutter starb früh

Das Licht der Welt erblickte Schlöndorff am 31. März 1939 in Wiesbaden. Der Arztsohn wuchs im Zweiten Weltkrieg mit zwei Brüdern am Waldrand von Schlangenbad im Taunus auf. Noch vor Kriegsende musste Schlöndorff den schmerzlichen Verlust seiner Mutter verkraften, die 1944 bei einem tragischen Haushaltsunfall ums Leben kam.

Ein Schüleraustausch führte den 17-Jährigen nach Frankreich. Gemeinsam mit dem späteren Filmemacher Bertrand Tavernier drückte er die Schulbank und schaute in der Pariser Cinémathèque française einen Film nach dem nächsten. Als Assistent bei mehreren bedeutenden Filmregisseuren lernte Schlöndorff sein Handwerk. Mitte der 60er-Jahre gelang ihm in Deutschland mit der Musil-Verfilmung „Der junge Törless“ ein erster Erfolg. Immer wieder befasst sich Schlöndorff seitdem mit sozialen Missständen. So auch in der Heinrich-Böll-Verfilmung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ mit Angela Winkler und Mario Adorf über die Beugung des Rechtsstaats durch Polizeiapparat und Sensationspresse. Der Film, den Schlöndorff gemeinsam mit Ehefrau Margarethe von Trotta drehte, wurde bald zum Klassiker des deutschen Nachkriegsfilms.

Gesellschaftskritik

Seitdem stand Schlöndorff mit Regisseuren wie Wim Wenders, Werner Herzog oder Alexander Kluge in einer Reihe gesellschaftskritischer Autorenfilmer. Vor allem machte sich Schlöndorff als Experte für Literaturverfilmungen einen Namen. Gelegentlich wurde ihm deshalb vorgehalten, nie von sich selbst erzählt zu haben.„Ich hatte immer mehr den Impetus, zu beobachten und zu beschreiben, was ich draußen sehe, als mich selbst zu beobachten“, sagte Schlöndorff einmal der „FAZ“. „Das lässt sich auch auf die Adaptionen von Literatur in meinen Filmen übertragen: Man kann sich mit dem Text eines anderen sehr gut selbst erzählen.“

Nach seinem Oscar-Erfolg zog Schlöndorff Mitte der 80er in die USA. Schon nach Kriegsende 1945 hatte er die US-amerikanische Kultur als befreiend empfunden. Es folgten weitere Literaturverfilmungen - etwa mit Schauspiel-Star Dustin Hoffman („Tod eines Handlungsreisenden“) oder 1991 mit Sam Shepard in der Max-Frisch-Adaption „Homo faber“.

Der Fall der Berliner Mauer war für Schlöndorff schließlich Anlass zur Rückkehr nach Deutschland. Er wurde zunächst Geschäftsführer des Babelsberg-Filmstudios in Potsdam und widmete sich neben weiteren Filmen auch Opern- und Theaterinszenierungen. 2023 erhielt er den Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises. Seit 1992 war Schlöndorff in zweiter Ehe mit der Schnittmeisterin Angelika Gruber bis zu deren Tod 2018 verheiratet. Mit Blick auf sein bewegtes Leben schrieb der Vater einer Tochter bereits 2008 die Autobiografie „Licht, Schatten und Bewegung“. Sein Blick auf sich selbst blieb dabei stets von Zweifeln und Selbstironie geprägt. Er habe immer „Bewunderung für Künstler als Auserwählte“ gehabt, sagte Schlöndorff in dem „FAZ“-Interview. „Ich sagte mir, zu denen gehörst du natürlich nicht, du bist der Bub aus dem Wald und kannst dich damit nicht messen.“