So gebrochen Österreichs Kaiserin, so brüchig ist auch Aline-Sarah Kunischs verwirrendes, verzauberndes, außergewöhnliches Drama „Sisi rennt“. Die wunderbare Protagonistin und Ausstatterin Sonja Kreibich führt einzeln zu den dicht in alle Richtungen aufgestellten Plätzen im Grazer ARTist‘s, schlüpft in einen Reifrock, hangelt nach Schlittschuhen, schleckt am Stieleis und erzählt von Leidenschaften sowie Leid der Monarchin.

Während Filmszenen mit Romy Schneiders „Sissi“, Haien, Pferden, Möwen und von der Antarktis den Raum durchfluten, rezitiert sie –  neben Abstechern etwa zu Ingeborg Bachmann – Lyrik der nationalen Ikone. „Meine Zeilen sind böse und schmerzhaft“, voller Einsamkeit, mit der Feile im Herzen und der Sehnsucht: „Ein Kaiserreich für eine Freundin!“ Kindhaft hell und kraftvoll untermalen Rahel Kislingers von Raphael Krenn auf der E-Gitarre begleitete Liedkompositionen. Einen Klangteppich legen die zehn A-Capella-Sängerinnen vom Grrrls Chor aus.

Mittendrin ein Schnitt, abruptes Ende. Etliche Gäste werden auf andere Sitzplätze verwiesen. „Nach dem Lesen der 120 Gedichte der Kaiserin“ habe sich die Autorin „von einer Bahnbrücke stürzen“ wollen. Es folgt ein kulturpolitisches Pamphlet und Kreibichs Monolog einer gegängelten Schauspielerin sowie über den Trümmerhaufen Theater. Dann geht’s weiter mit Texten von und über die schillernde Kaiserin. Fein collagiert Kunisch (Text, Regie, Bühne) das brüchige Seelenleben der mit einer Feile ermordeten Kaiserin. Ohne Pomp, Personenkult und Patriotismus. Dafür tief berührend, nachhallend und jede Sekunde fesselnd. Famos gemacht! Elisabeth Willgruber-Spitz

„Sisi rennt“. Von Aline-Sarah Kunisch. Theater Kaendace. 8. bis 23.3., 20 Uhr, ARTist’s, Schützgasse 16, Graz. Karten: Tel. 0699 – 100 422 81.