Quietschbunt sind sie, pink, rot, gelb und grün. Aus der Ferne wirkt es, als hätte man das weiße Pferd durch einen klebrigen Konfettiregen gejagt. Eine gewisse Leichtigkeit kann man der Inszenierung nicht absprechen. Doch wer näher kommt, und das muss man zwangsläufig, denn man kann sich ihrer Anziehungskraft nicht entziehen, dem kommt das Leichte schnell abhanden. Es sind unzählige Preispickerl, die Martin Roth hier als Werkstoff und symbolischen Datenträger verwendet hat. Am eindringlichsten in einer besonderen Form der Geldanhäufung: Vulkane aus Preispickerln, blutrot nach oben strebend, eine Topografie des Geldes. Alles hat seinen Preis, eine Doppeldeutigkeit, die sich durch das Werk des 2019 verstorbenen Grazer Künstlers zieht. Und es war nie nur eine Feststellung, sondern vor allem die Auslotung dessen, was kommt, wenn man sich auf den Handel einlässt, denn einer zahlt immer drauf. In diesem Sinne war Martin Roth ein Spurensucher, einer, der die Konsequenzen menschlichen Handelns unter die Lupe genommen hat. Auf seinem künstlerischen Spielfeld trafen sich zwei Gegner: der Mensch und die Natur. Letztere hat sich schon früh in sein Werk eingenistet, wie sich jetzt zeigt. Viele Jahre lagerte es bei seinen Eltern Hans und Margret Roth, die das Frühwerk des Künstlers für die Ausstellung im Wiener Künstlerhaus aufgearbeitet haben.

Eine ganze Vogelschar flankiert da einen Teil jener Installation, die 2015 in einer New Yorker Galerie über die Bühne ging: „Im Juli 2015 habe ich Müll von der syrischen Grenze verschifft, um ihn als Vogelstreu zu verwenden“. In der zweistöckigen Installation fand unter anderem ein Schwarm Sittiche aus schlechter Haltung eine neue Heimat. Das dazugehörige Video zeigt die Essenz der Installation eindringlich: Menschen, die unsicher über das Trümmerfeld stolpern, wo sie sonst doch so selbstbewusst durch die Welt stapfen. Hier wird jene Brüchigkeit sichtbar, die wie ein Damoklesschwert über unserer intakten Welt schwebt. Und es ist in vielen Fällen der Mensch, der im Vorbeigehen das Seil kappt. Die Vögel hingegen, die haben diesen Trümmerhaufen schnell erobert, sich an den Lebensraum angepasst. Ganz so, wie sie aufgrund menschlichen Handelns nicht selten dazu gezwungen werden. Dieses Miteinander von Tier und Mensch, eine diffuse Form von Abhängigkeit, die zeigt sich in „Ich filmte einen Vogel auf der Fahrt zur Salton Sea“ (2014), als er einen Vogel aus einer Zoohandlung in ein Schutzgebiet bringt. Das Tier wird zum Reisebegleiter, der mit dem Navi interagiert und letztlich nicht mehr von der Seite des Künstlers weichen will. Ziel erreicht, aber auch brutal verfehlt. Hier zeigt sie sich so eindringlich, diese Unumkehrbarkeit, wenn Natur erst einmal domestiziert wird.