Schon wieder Zuwachs im Marvel’schen Kabinett der Superheldinnen und Superhelden? Ist denn das letzte Abenteuer nicht erst wenige Monate her? Doch keine Angst vor erzählerischer Monotonie, denn der neueste Serienableger „Echo“ verspricht anders zu werden als die gewohnte Weltretter-Kost. Zumindest auf dem Papier.

In fünf jeweils einstündigen Folgen schildert man den Werdegang von Maya Lopez (Alaqua Cox) – der ersten indigenen wie auch ersten gehörlosen Solo-Heldin im Universum. Jedoch ist es nicht der allererste Auftritt der Figur: bereits in „Hawkeye“ (ebenfalls auf Disney+) hat man den Grundstein gelegt, auf dem in „Echo“ aufgebaut werden soll. Einst vom gefürchteten Kingpin (Vincent D’Onofrio) adoptiert, wurde Maya lange darüber im Unklaren gelassen, wer ihren Vater ermordet hat. Nach einer blutigen Konfrontation mit dem Ex-Boss will die geübte Kämpferin die Tage im Gangstermilieu hinter sich lassen – und damit auch die Großstadt. Ihr Fluchtreflex führt sie zurück ins indigene Heimatdörfchen. Ein Wiedersehen mit verflossenen Freundschaften, ein Rückbesinnen auf die eigenen Wurzeln.

Hauptdarstellerin Alaqua Cox macht ihre Sache ganz großartig, überzeugt als taffe Titelheldin im physischen Nahkampf, aber auch im zerbrechlichen Ringen mit sich selbst. Beeindruckend bleiben die Momente, in denen das Marvel-Spin-Off direkt die Perspektive seiner Protagonistin einnimmt und es im rasanten Battle plötzlich mucksmäuschenstill wird. Wenn, zumindest für kurze Momente, das bewegte Bild größeres Gewicht erhält, als das gesprochene Wort. Sobald aber in den gewohnten Erzählmodus zurückgeschwenkt wird, muss man sich eingestehen: So neu ist das hier alles gar nicht. Wieder einmal leidet die Geschichte unter der Last, sich dem großen Ganzen unterordnen zu müssen. Eine Referenz an „Daredevil“ hier, der Auftritt eines etablierten Helden da. Wer Marvel-Serie oder -Film „xy“ nicht gesehen hat, bleibt auf der Strecke. Und das ist bei der Unmasse an Vorlaufmaterial leicht möglich.

„Echo“ macht in der Tat einiges richtig, schenkt der rüstigen Marvelwelt ein bisschen Erzählinnovation und besticht mit einer fulminanten Hauptdarstellerin. So sehr gewisse Aspekte aber auch überzeugen mögen, schafft es die Serie nicht, sich aus der Enge des Marvelkorsetts zu befreien. Dieses Universum ist mittlerweile einfach zu groß, um genug Platz zu lassen für kleine, intime Erzählungen. „Too big for it’s own good“ – wie der marktübersättigte Amerikaner wohl sagen würde.

Bewertung: ●●●○○

„Echo“ ist auf Disney+ zu sehen.