Wäre er nicht die vorderste Kanonenkugel des Hardbop und Soul Jazz geworden, der Mann hätte sicher auch einen guten und humorvollen Moderator abgegeben. Und in den Iden des März 1969 muss der damals 41-jährige US-Saxophonist im Grazer Stefaniensaal auch ausnehmend gut gelaunt gewesen sein, als er dann eines der größten Ensembles des Hardbops vorstellte. „Wir beschuldigen ihn, besonders gute Leistungen zu erbringen, wenn wir in Österreich spielen“, ließ es sich Julian Cannonball Adderley (1928-1975) mit klarer, sonorer viriler Stimme nicht nehmen, vor allem dem Pianisten seines Quintetts mit manchen Zwischentönen zu schmeicheln. Denn „the last hip pianist from Vienna“ war natürlich kein Geringerer als Joe Zawinul, jener kulthaft verehrte Wiener Jazzpianist, dessen steile US-Karriere man als bekannt voraussetzen darf und der nun im Rahmen dieser Europatournee des Julian Adderley Quintetts als „Heimkehrer“ von Presse und Funk herumgereicht wurde. Und Letzteres war es dann, dem wir nun ein jazzhistorisch glänzendes wie musikalisch überzeugendes Doppelalbum zu verdanken haben, das aus jeweils einem ORF-Radio- und TV-Mitschnitt hervorgegangen ist.

Es beginnt mit dem modalen Zawinul-Klassiker „74 Miles Away“ in Graz und endet mit dem etwas entschleunigten „Mercy, Mercy, Mercy“ tags darauf im Wiener Konzerthaus, wo die Combo mit Anzug und Mascherl am 16. März im Rahmen des 8. Österreichischen Jazzfestivals (!) aufgetreten war.

Zawinul, der erst vier Wochen zuvor mit Miles Davis den Fusion-Hit „In A Silent Way“ in New York aufgenommen hatte, fungierte auf dieser Tour auch als - zurückgenommener - musikalischer Direktor und durfte sich in Graz zudem mit einem solistischen „Piano Medley“ feiern lassen. Die Highlights dieses Doppel-Vinyls sind aber gewiss Zawinuls bissig funkiges „Rumpelstiltskin“, sein jazz-bluesiges „Walk Tall“ oder der legendäre „Work Song“ von Julians Bruder Nat Adderley, der am Kornett bisweilen über sich hinauswächst.

Kleine aufnahmetechnische Ungereimtheit stören dabei keinesfalls, sondern sind eher charmante atmosphärische Tribute an die Zeit. Eher schon wäre es eine Überlegung wert gewesen, wie man sich am Schluss der überfallenden Kommentare von Günther Schifter entledigen hätte können.

<em>Cannonball Adderley Quintet with Joe Zawinul. Live in Graz and Vienna, 1969. ORF-LP 3258</em>