„Initiiert wurde dieses Projekt von Follow the Rabbit und Dirk Schirdewahn, dem Leiter des Jungen Staatstheaters Wiesbaden“, schildert Martin Brachvogel den Ausgangspunkt von „Shoot ’n’ Shout“. In weiterer Zusammenarbeit mit dem mehrfach ausgezeichneten Dramatiker Sergej Gößner (für „Mongos“ etwa) kristallisierte sich als roter Faden die Komplexität von Gewalt heraus. Initialzündung war „der Angriffskrieg auf die Ukraine“, resümiert Gößner gegenüber der Kleinen Zeitung. „Es gab im Sommer zwei Vorprobenblöcke mit den jeweils zwei Spielerinnen und Spielern sowie dem Autor“, erläutert Regisseur Brachvogel. Dessen Frau Nadja leitete in der Kennenlern- und Austauschphase Improvisationen an, „als ersten spielerischen Zugang zum Thema. Dabei haben wir sämtliche Arten von Gewalt durchgespielt: verbale, nonverbale, körperliche Gewalt, Gewalt, die durch Statusunterschiede und Machtgefälle entsteht, und vieles mehr. Aus diesen Erfahrungen kreierte Sergej die vier Figuren des Stücks. Sie wurden ihnen quasi auf den Leib geschrieben.“ Dabei sei es ihr als Dramaturgin und dem gesamten, an der Stückentwicklung maßgeblich beteiligten Ensemble wichtig gewesen, „dass Sergej nicht einfach nur ein Stück abliefert“.

Rahmen für die Szenen

Für Gößner sind „Arbeitsweise, Form des Textes und die Dramaturgie komplett neu. Es fühlt sich wie ein Hybrid aus Stückauftrag und Stückentwicklung an. Das erste Mal habe ich während des Schreibens den einen oder anderen spontanen und radikalen Richtungswechsel vollzogen. Was ohne Vertrauen des restlichen Teams so gar nicht passiert wäre.“ Wobei in der „wertschätzenden, angstfreien und kollegialen Arbeitsatmosphäre“ für Regisseur Brachvogel als Kompass dient: „Meine, was du sagst. Verliere nicht den Kontakt zu den anderen. Suche nicht das Drama. Sei bereit, auch anders zu reagieren. Du bist für das Ganze verantwortlich, nicht nur für dich selbst.“

Ausstatterin Lisa Horvath hat vor allem „die besondere Struktur des Stückes inspiriert. Da es keine lineare, klassische Erzählweise verfolgt, sondern durch seine Sprache in verschiedene Bilder und Situationen eintaucht, habe ich versucht, nichts zu illustrieren, sondern eine räumliche und visuelle Struktur zu erschaffen, die sowohl die Spielenden als auch das Publikum unterstützt und die Szenen auf verschiedene Weisen rahmt.“

Für Nadja Brachvogel „ist ein ganz außergewöhnlicher Text herausgekommen, der an den Schreibstil von Roland Schimmelpfennig erinnert. Er fühlt sich an wie eine Symbiose aus Postdramatik und klassischem Sprechtheater.“ Neben Wiesbaden und dem Next Liberty nimmt auch das Apollo-Theater Siegen die Produktion in den Spielplan auf.