Im Jugendalter haben Gefühle keine Schweigeplicht. Ja, sogar die Außenseiter, der Bodensatz der schulischen Hierarchie, packt früher oder später der Liebeshunger. Die Mär von den Losern, die die Schokoladenseiten des Pubertätschaos‘ kennenlernen wollen, die ist im Genre der amerikanischen High-School-Komödie keine neue Geschichte. So erzählt auch Emma Seligman („Shiva Baby“) in ihrer flippigen, zweiten Regiearbeit „Bottoms“ von unbeliebten Teenies, die es nach mehr dürstet. Zwei junge Frauen, die sich den Respekt der „coolen Kids“ zu erkämpfen versuchen. Buchstäblich.

Ein Fight Club für Mädchen

Keine Partys, kein Sex, kein soziales Leben: für die queeren besten Freundinnen PJ (Rachel Sennott) und Josie („The Bear“-Darstellerin Ayo Edebiri: großartig) war die Oberstufe bis dato ein Trauerspiel. Ausgerechnet im Abschlussjahr tut sich dann aber eine Chance auf Veränderung auf. Nachdem die beiden vor Monaten versehentlich den Schulquarterback angefahren hatten, verbreitet sich das Gerücht, sie hätten ihre Sommerferien im Jugendknast verbracht. Um der neuen, wilden Reputation alle Ehre zu machen, gründen die zwei auf Schulboden einen Fight Club. Exklusiv für Mädchen. Da wird Selbstverteidigung zum Ausdruck und Mittel der weiblichen Emanzipation. Dabei wollten Josie und PJ ja eigentlich nur ihren Cheerleader-Angebeteten imponieren.

Bekannte Zutaten, mit Augenzwinkern serviert

Auf den ersten Blick bleibt in der Teenie-Komödie alles beim Alten. Footballspieler gehen mit Cheerleadern aus, zahnspangentragende Geeks bleiben unter sich: die Cliquen sind klar definiert, kaum ein Coming-of-Age-Klischee wird hier ausgelassen. „Why‘d you have to go and make things so complicated?“, tönt Avril Lavignes rotzige Stimme während einer dramatischen Montage aus dem Hintergrund. Nostalgisch fühlt man sich an die High-School-Filme der frühen 2000er zurückerinnert – inklusive all der peinlichen Überdeutlichkeiten. Dass das Drehbuch von Emma Seligman und Hauptdarstellerin Rachel Sennott besonders dick aufträgt, kann man dem Film aber kaum ankreiden. Ohne satirisches Augenzwinkern geschieht hier nämlich wenig. Nach Lust und Laune wird mit den Zutaten gewohnter Schulkomödien jongliert – so frech und ungestüm wie es sich gehört. Clever wie erheiternd werden erwartbare Handlungsverläufe in ganz andere Richtungen gelenkt. Da wird dann plötzlich der frisch geschiedene Macho-Lehrer (Football-Star Marshawn Lynch) zum Verfechter des Feminismus. Oder aus dem Nichts ein Blutbad angerichtet – mit Gewaltspitzen, die einem Slasher entspringen könnten.

Wann man auf ernst umzuschwenken hat, wird bei all dem diffusen Hormonchaos zum Glück aber nicht vergessen. Zugegeben, der wilde Gen-Z-Kampfgeist des Films hätte sich ein verspielteres visuelles Auge verdient. Aber das bleibt auch die einzig negative Randnotiz in dieser sonst sehr vergnüglichen High-School-Parodie. „Bottoms“ ist gleichermaßen vertraut wie laut, schrill und unberechenbar. So wie eben der ganz reale Schulalltag.

Bewertung: ★ ★ ★ ★ ☆ (4/5)

„Bottoms“ ist auf Amazon Prime zu sehen.