Schon in seinem erfolgreichen Vorgänger-Roman „Verbrenn all meine Briefe“ widmete sich der schwedische Literatur-Star Alex Schulman dem Mikrokosmos Familie. War es darin die Gewalt des Großvaters, die Generationen beeinflusste, so sind es in „Endstation Malma“ die kleinen Nebenbei-Lieblosigkeiten, die Kinderseelen unheilbar verletzen. Wie der Autor die Geschichte von drei Generationen einer Familie erzählt, ist raffiniert gebaut, sprachlich kunstvoll und voll berührender Episoden.

Man sieht sie in mehreren Lebensphasen vor sich: die Mutter Harriet, die eines Tages verschwindet, ihren Mann Oskar und die gemeinsame Tochter Yana. Sie reisen zu unterschiedlichen Zeiten paarweise mit dem Zug in die schwedische Provinz, in einen Ort namens Malma, erzählt wird abwechselnd aus diesen drei Perspektiven.

Im Zug des Lebens

Einmal ist Harriet als Kind mit ihrem Vater unterwegs, der sie so gerne fotografiert, ihr Wesen aber nie sieht, nachdem er auf den Auslöser gedrückt hat. Sie wird Jahre später mit ihrem Mann an Bord des Zuges sein, meist mit geschlossenen Augen, weil sie nicht reden will – ein Ehepaar in der Krise. Dazwischen begegnet die Leserin immer wieder Yana, der unglücklichen, übergewichtigen Tochter, die zuerst mit ihrem Vater Oskar, später alleine mit einem Fotoalbum auf dieser Strecke unterwegs ist.

Erst nach und nach erschließt sich die Verbindung zwischen diesen Reisenden, als Leser muss man Geduld haben, die aber mit feinsinnigen, klugen Porträts der handelnden Personen belohnt wird. Gekonnt setzt der Autor Hinweise auf das Unheil, das er erst gegen Ende des Romans aufdeckt,. In jedem Kapitel, gleichsam in jedem Waggon des Zuges, wird Gegenwärtiges geschildert und auf Ereignisse in der Vergangenheit zurückgeblickt. Dort liegt die Wurzel des familiären Übels, die unter Sprachlosigkeit begraben wurde und so Generationen prägt. Traumata und seelische Schmerzen setzen sich bis zu Yana fort. Doch die steigt schließlich nicht mehr in den Zug ein: „Richtungswechsel“. Die Rückwärtsreise ist zu Ende. 

<strong>Alex Schulman. Endstation Malma. </strong>Übersetzt von Hanna Granz. Dtv, 320 Seiten, 24,70 Euro
Alex Schulman. Endstation Malma. Übersetzt von Hanna Granz. Dtv, 320 Seiten, 24,70 Euro © dtv