Der im Kulturzentrum bei den Minoriten untergebrachte, zentrale Teil der „Volksfronten“ verläuft entlang rechtspopulistisch planierter Vielschichtigkeiten und verdrängter Ungereimtheiten, wie sie ein betulicher Heimatbegriff abdecken hilft. Die Schau zeigt soziale Bruchlinien und kollektive Wunsch- und Wahnvorstellungen auf. Am wörtlichsten bei Christoph Szalay, dessen Installation „Heimat“ rechtsradikale Vereinfachung mit poetischer Komplexität verschneidet. Am ortspezifischsten im Fotoprojekt „Triester“ von Martin Behr und Martin Osterider. Beide sind in der Grazer Triestersiedlung aufgewachsen und porträtieren auf den Spazierwegen ihrer Kindheit eine sozial wie ästhetisch durchwachsene, von Migranten wie FPÖ-Anhängern bewohnte Landschaft in surreal anmutenden Nebensächlichkeiten. Das Künstlerduo kozek hörlonski und Medienkünstler Alexander Martinz dagegen verwandelt heimatfilmtaugliche Idyllen in „Dämonische Leinwände“: in Filmsequenzen, die Horrorklassiker, Schauermärchen und die jüngere Kriminalgeschichte zitieren.

In Ines Doujaks „Ökonomien der Verzweiflung“ ereignet sich das Umschlagen von Schönheitsempfinden in Grauen ebenso schockartig, im Blick auf Details. Opulente, farbenprächtig arrangierte Collagen, in denen sich Darstellungen von Kindern mit Hautkrankheiten, mit Fundstücken aus dem Naturalienkabinett zu sinnbildlichen Welten fügen, werden in verbitterter Beiläufigkeit von Statistiken zu Menschen- und Drogenhandel, Flucht und Sklaverei begleitet.

Demgegenüber fokussieren Ekaterina Muromtseva und Victoria Lomasko russische Verhältnisse. „In This Country“ heißt Muromtsevas Film aus Scherenschnitten, der mittels Schüleraufsätzen jene Narrative destilliert, welchen das kollektive Erinnern der UdSSR heute folgt. Erzählt wird dabei von einem Land kleiner Freuden und großen Scheiterns. Victoria Lomaskos „Intercession on Karl Marx Street“ porträtiert abgestumpfte Intellektuelle, Häftlinge, Neonazis und Lenin-Gläubige: eine mehrfach in sich gespaltene Gesellschaft also, die in Form einer ins Altarbildliche überhöhten Graphic Novel daherkommt. Anders als in den Arbeiten, die auf die zeitlichen und örtlichen Kontexte der Schau reagieren, verwässert sich im zu weit Hergeholten die Repolitisierung von Kunst.

Antifaschistische Kunst, die sich nicht viel vornimmt

Das Problem hat die Installation „es ist eingetreten, was zu erwarten war“ von Funda Gül Özcan nicht. In der ehemaligen Ankara Türkü Bar in der Griesgasse bezieht sie ihre Qualität aus dem Ort ihrer Präsentation bzw. dem Mief, der sich in dem vormals von Männergesellschaften frequentierten Lokal über Jahre eingenistet hat und eine Kontrastfolie zu den via Flatscreens eingespielten Realitätsfluchtpunkten bildet. Eine aus der Künstlerin und dem türkischen Präsidenten komponierte Animation untermalt das mit einem Lamento im Dauerloop. Auch die sonst über die Stadt verteilten Installationen (wir berichteten) treffen punktgenau auf hiesige Unterschwelligkeiten, nehmen sich allerdings in ihrer durchwegs antifaschistischen Haltung bzw. innerhalb der kunstbetrieblichen Sprechblase nicht gerade viel vor.

Da hilft ein wissenschaftliches Ausloten des Heimatlichen wie in der im Forum Stadtpark präsentierten Arbeit von Milica Tomic eher weiter. Es ist ein archäologisches Forschungsprojekt zum ehemaligen, heute aus der Landschaft getilgten Mauthausen-Außenlager in Aflenz an der Sulm. Von dort stammt die Erde, die den Boden des Ausstellungsraums zur Hälfte bedeckt und erkennen lässt, wie schnell Gras über eine Sache wachsen kann.

Weitere Infos zu "Volksfronten" unter www.steirischerherbst.at