Mit „apomat* büro für kommunikation“ machen Sie Pressearbeit für Kulturprojekte, Festivals und Filme. Wie geht es Ihnen im Kulturlockdown, wenn Kinos zu sind, Festivals verschoben werden?
MAHNAZ TISCHEH: Es ist jetzt über ein Jahr her, seit wir auch in der Kulturbranche in dieser Situation sind. Ein Jahr mit kleinen offenen Fenstern. Ich muss daher Kommunikationswege mehrfach bestreiten. Ein Kinofilm hat ein Zeitfenster von rund drei Wochen, in dem er sein Publikum finden muss. Für meine Arbeit bedeutet das, immer am Punkt zu arbeiten. Eine erschienene Geschichte über einen Film, der nicht oder verspätet ins Kino kommt, war vergebens.

Was hätten Sie sich vonseiten der Politik gewünscht?
Wir haben alle keine Kristallkugel, auch die Politikerinnen und Politiker nicht. Es ist verständlich, dass man kein fixes Datum nennen kann, wann Kulturveranstaltungen wieder besucht werden können. Es wäre aber in manchen Phasen wünschenswert gewesen, sich der Verantwortung für Kulturschaffende bewusst zu sein. Dass Theater aber auch Kino nicht binnen einiger Tage starten können, sollte selbstverständlich sein: Disposition, Materialienherstellung, Plakate und vieles mehr benötigen Vorlaufzeiten. Gewünscht hätte ich mir eine klare Kommunikation. Dieses Auf-Zu, Hin-Her und Vor-Zurück macht eine Planung unmöglich – bei allem Bewusstsein, dass wir in einer schwierigen Situation sind und die Gesundheit immer an erster Stelle steht. Da habe ich das Gespür für die Branche vollkommen vermisst.

Erhielten Sie Förderungen?
In der ersten Phase habe ich den Härtefallfonds bekommen und später auch noch den Fixkostenzuschuss. Ich bin froh darüber, sonst hätte ich meinen Betrieb nicht über ein Jahr aufrechterhalten können.

Mitte März hätte in Graz die Diagonale stattgefunden, sie wurde auf Juni verschoben. Sie betreuen Arman T. Riahis Eröffnungsfilm „Fuchs im Bau“, der schon auf internationalen Festivals lief, hierzulande noch nicht zu sehen war. Was bedeutet das für den Film?
Ich hoffe sehr, dass die Diagonale im Juni wie geplant stattfinden kann. Der Eröffnungsfilm zu sein, ist immer etwas Besonderes. Der Regisseur Arman T. Riahi und das ganze Team fiebern diesem Abend entgegen. Meine Aufgabe ist es, den Film weitere zwei Monate präsent zu halten.

Ähnliches gilt für Sandra Wollners gefeierten Film „The Trouble With Being Born“, der bei der abgesagten Diagonale 2020 mit dem Großen Spielfilm-Preis bedacht wurde. Auch er blieb dem Publikum bislang vorenthalten. Wird er noch im Kino starten?
Auf jeden Fall! Im Moment kann ich noch keinen fixen Starttermin nennen, das hängt davon ab, wann und wie die Kinos öffnen können. Es wird aber hoffentlich noch vor dem Sommer sein. Das wäre diesem außergewöhnlichen Film zu wünschen.

Wird es „Opfer“ geben – also von Ihnen Filme, die es nicht mehr auf die große Leinwand schaffen?
Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt schwer sagen. Das große Problem ist der Filmstau, der sich angesammelt hat und der sich nicht nur in den Kinos, sondern auch auf Festivals auswirken wird. Die Verwertung eines Films ist ein langer Weg. In einem normalen Kinojahr kommen mehr Filme regulär ins Kino, als das Jahr Tage hat, und das sind eigentlich schon zu viele. 2020 war das nicht so. Einige Filme wandern ins Netz ab, andere wollen und brauchen unbedingt die große Leinwand. Wir werden sehen.

Ab welcher Phase in der Filmproduktion sind Sie involviert?
Das ist ganz unterschiedlich. Manche FilmemacherInnen binden mich schon in der Drehbuchphase oder bei Drehstart ein. Der ideale Zeitpunkt sollte nicht später als drei Monate vor Kinostart sein. Bei den österreichischen Filmen bin ich meistens sehr früh involviert.


Eine persönliche Frage: Wie und wo sind Sie denn in Graz mit dem Kino-Virus infiziert worden?
Ich habe ja meine Teenagerjahre in den 80ern in Graz verbracht und da gab es noch so wunderbare Einsaalkinos wie das Thaliakino oder das alte Annenhofkino mit seinem 60erJahre Charme, den es heute leider nicht mehr hat. Natürlich waren auch Kinobetreiber wie Nikos Grigoriadis mit seiner Programmauswahl für das Augartenkino prägend. In meiner Jugend war der Kinobesuch der Beginn des Ausgeh-Abends.

Wo und wie werden Sie Ihren ersten Kinobesuch zelebrieren?
Ich habe zwar noch keine konkreten Pläne, freue mich aber sehr bald wieder in einem Kinosaal mit anderen Menschen einen Film anzuschauen und mich danach über das gemeinsam Gesehene auszutauschen. Kino ist ein sozialer Ort für mich.

"Kino ist ein sozialer Ort für mich", sagt Mahnaz Tischeh
"Kino ist ein sozialer Ort für mich", sagt Mahnaz Tischeh © Akos Burg

Positiv ist, dass der Kino VOD Club, der seit 2017 heimische Filme streamt, nun besser bekannt ist.
Seit dem ersten Lockdown sind die Streamings durch die Decke gegangen. Man hat gemerkt, wie dankbar FilmliebhaberInnen sind, dass sie den Anschluss zu ihrem Nahversorgerkino nicht verlieren. Ein Drittel der Leihgebühr kommt dem ausgewählten Kino, ein Drittel den Filmschaffenden zugute. Das hat auch etwas Solidarisches.

Denken Sie, Ihr Job könnte sich künftig ändern?
Ich glaube und hoffe nicht. Ich glaube einfach ans Kino und bin überzeugt davon, dass es nicht sterben wird. Und dass Leute wie ich auch künftig dafür gebraucht werden, Filme zu promoten und eine Öffentlichkeit dafür zu gewinnen. Es kann sein, dass sich der Streamingbereich auch auf meine Arbeit auswirken wird.