In Österreich, wir erinnern uns, „ist immer alles am schlimmsten gewesen dem Stumpfsinn sind immer alle nachgelaufen der Geist ist immer mit Füßen getreten worden ... der österreichische Stumpfsinn ist ein durch und durch abstoßender...“

Vor gut 30 Jahren, 1988, hat die Burgtheater-Uraufführung von Thomas Bernhards Drama „Heldenplatz“, dem diese Sätze entnommen sind, den prächtigsten Theaterskandal der Zweiten Republik entfacht – längst ist er Nationalfolklore. In der nächsten Spielzeit wird das Stück am Grazer Schauspielhaus nun von Regisseur Franz-Xaver Mayr auf noch vorhandenes Erregungspotenzial abgeklopft – und ist damit ein potenzieller Höhepunkt einer insgesamt ganz schön verheißungsvollen Saison.

Die bietet zum Thema „Heimat“ etwa noch die erste Zusammenarbeit von Nikolaus Habjan mit seinem Mentor Neville Tranter: Die beiden Figurentheater-Virtuosen nutzen in „The Hills are alive“ das für Österreich so imageprägende Rührstück „The Sound of Music“ für eine Auseinandersetzung mit aktueller Migrationspolitik.

Zu neuer österreichischer Dramatik wie Ferdinand Schmalz’ „jedermann (stirbt)“ oder Thomas Köcks „Dritte Republik“ gesellt sich Peter Turrinis Gegenwartsklassiker „Josef und Maria“ mit dem ewigen Grazer Theatertraumpaar Grete Tiesel und Franz Solar, inszeniert von Michael Schilhan. Uraufgeführt wurde Turrinis Stück übrigens 1980 im „steirischen herbst“ in Graz. 2019 koproduziert nun Schauspielhaus und Festival eine Uraufführung an ungewöhnlicher Expositur: Im Prunksaal des Grazer Museums für Geschichte inszeniert Blanka Rádóczy Vladimir Sorokins Satire „Manaraga. Tagebuch eines Meisterkochs".

Die Bürger*innenbühne „Bist du GAK oder Sturm?“ befasst sich mit der großen Grazer Fußballrivalität. Eine Koproduktion mit den Rabtaldirndln („Ich, Tatortkommissarinnen“) hat das Team um Intendantin Iris Laufenberg ebenso an Land gezogen wie eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Berlin. Dort wird Anfang Juni das Stück „ruhig Blut“ mit Julia Gräfner uraufgeführt und ab Oktober in Graz gezeigt.

Aufregend wird der Saisonauftakt aber auch dank Virginie Despentes: Alexander Eisenach, nach „Zauberberg“ und „Frequenzen“ ja ausgewiesener Spezialist für die Adaptierung gewichtiger Romanmonolithen, wuchtet Despentes’ famosen „Vernon Subutex“ auf die Bühne – mit einem Gast in der Titelrolle: „The Base“-Frontmann Norbert Wally.

Auch fixe Ensemble-Neuzugänge gibt es zu vermelden: Oliver Chomik, Beatrix Doderer, Frieder Langenberger, Katrija Lehmann, Lukas Walcher und der Grazer Robert Finster, auf Netflix demnächst als „Freud“ zu sehen, kommen neu dazu. Vera Bommer, Pascal Goffin und Tamara Semzov verlassen das Haus.

Iris Laufenberg bei der Präsentation.
Iris Laufenberg bei der Präsentation. © (c) APA/KARIN ZEHETLEITNER (KARIN ZEHETLEITNER)

Dass nebst Klassikern wie Dürrenmatts „Die Physiker“ und Shakespeares „Macbeth“ auch Autoren wie Wajdi Mouawad („Die Vögel“) oder Caren Jeß („Bookpink“ in Haus 3) im Programm Platz finden, zeigt die Diversität des Programms; detto der Umstand, dass Laufenberg für insgesamt 19 Inszenierungen neun Regisseurinnen engagiert hat. Erfreulich: Der Erfolg der Bürger*innenbühne hat einen Ausbau der Mitmachmöglichkeiten im Haus zur Folge – Selberspielen, Schau- und Schreibklubs sind im Angebot, Schulen können nun gar „Premierenklassen“ nominieren.

Außerdem gibt es auch in der nächsten Saison wieder mehrere zusätzliche Events: Dramatikerinnenfestival, Young Europe III Festival und ETC - International Theatre Conference stehen ins Haus, zusätzlich findet das Finale des Ring Award im Juni 2010 im Schauspielhaus statt.